Achille Mbembe ist einer der führenden afrikanischen Intellektuellen und weilt für eine Restitutions-Konferenz in Wien. Über reisende Kunst, Fallen beim Dialog, die Zukunft seines Kontinents – und Wunden aus der deutschen Debatte.
Die Presse: Wenn europäische Museen afrikanische Kunstwerke zurückgeben: Ist das eine symbolische Geste, eine Frage der Gerechtigkeit? Oder lässt sich durch die Präsenz vor Ort eine verlorene kulturelle Identität wiedergewinnen?
Achille Mbembe: Ein Beispiel: Im Nationalmuseum von Benin sind 26 geplünderte Kunstwerke ausgestellt, die Frankreich restituiert hat, sehr kostbare aus dem Königspalast. Hunderttausende junge Menschen haben sie gesehen. Dazu gibt es Aktivitäten, Rituale. Viele junge Künstler schöpfen hier Kraft. Offensichtlich hat die Präsenz der Artefakte zu einer kulturellen Renaissance geführt. Es war also wichtig, sie zurückzugeben. Aber es ist ebenso wichtig, sie reisen zu lassen – wie alle Schöpfungen des menschlichen Genius. Damit sie der Menschheit zugutekommen, in unserer tiefen Sinnkrise.