Die Ich-Pleite

Buhmann E-Scooter-Fahrer

Carolina Frank
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Wer noch nie bei Rot über die Straße gerannt oder ein paar Meter am Gehsteig geradelt ist, werfe den ­ersten Stein.

Mit Ausnahme von Energieanbietern und Putin gibt es niemanden, den man derzeit so ungefragt ­bashen darf wie E-Scooter-Fahrer. Sie ließen ihre Fahrzeuge einfach fallen wie die Kinder ihre Tretroller, sagen die Leute. Sie sausten auf den Radwegen den Radfahrern um die Ohren und auf den Gehwegen den Fußgängern. Und wenn ein Gehweg gleichzeitig ein Radweg sei, komme manchen die Fahrbahn sicherer vor.

Das stimmt schon alles. Aber ich sage: Welcher Verkehrsteilnehmer hält sich schon immer an die Regeln. Wer noch nie bei Rot über die Straße gerannt oder ein paar Meter am Gehsteig geradelt ist, werfe den ­ersten Stein. Wenn man die Menschen anonym nach ihren Regelverstößen fragt, geben sie alles Mögliche zu. Vor allem, wenn sie es eilig haben, lassen sie den Gesetzgeber gern einmal einen guten Mann sein. 36 Prozent bekennen, dass sie in so einem Fall manchmal aufs Parkschein-Lösen verzichten. Oder gleich ganz aufs Einparken. Sie bleiben mit Warnblinkanlage in zweiter Spur stehen (12 Prozent) oder ­parken sogar in einer Einfahrt ­(20 Prozent). Dass sie auf Autobahnen schneller als 130 km/h fahren, geben 63 Prozent der befragten Österreicher offen zu. Wohingegen nur 39 Prozent der E-Scooter schneller als 25 km/h fahren.

Sicher, dabei handelt es sich um Begegnungszonen, und da sind viel mehr Menschen mit Rollatoren und spielende Kleinkinder unterwegs als auf Autobahnen. Und ja, manchmal fahren die Elektroroller-Fans sogar viel schneller als erlaubt. Die Fahrzeuge lassen sich auffrisieren. Ich glaube, bei 104 km/h hat die Polizei aufgehört mitzustoppen. Aber manchmal hat man es eben eilig. Vielleicht ist man Notarzt und muss dringend zu einem Unfall­opfer. Wahrscheinlicher ist man allerdings auf der Flucht, weil man selbst den Unfall verursacht hat.

("Die Presse Schaufenster" vom 16.09.2022)

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