Die Ich-Pleite

„Mission 11“-Energiekrise

Carolina Frank
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Ich habe ein Problem. Ich sage nicht, wie groß es ist.

Es gibt wieder einen nationalen Schulterschluss. Nach „Too big to fail“ (Bankenkrise), „Refugees welcome“ (Flüchtlingskrise) und „Koste es, was es wolle“ (Coronakrise) haben wir jetzt die „Mission 11“-Energiekrise. Die Energieministerin sagt: Wenn wir uns alle ein bisschen bemühen, können wir locker elf Prozent Energie einsparen. Und die Menschen reagieren auch schon. Jeder denkt ans Ein­sparen. Kühlschrank-Abtauen, Licht-Ausschalten, Heizung-Zurückdrehen. Man spürt die Aufbruchsstimmung.

Wildfremde Menschen geben einander Tipps. Mir hat zum Beispiel ein Leser angeboten, vorbeizukommen, um mir zu zeigen, wie man Fenster abdichtet. Er hat mir auch ein Modell geschickt, mit dem ich ausrechnen kann, ob mein Energieverbrauch noch im grünen Bereich ist. Vielen Dank an dieser Stelle! Sie kennen es vielleicht? Man dividiert den Jahres-Gas- oder -Fernwärmeverbrauch durch die ­Quadratmeter seiner Wohnung. Dann sollte ein Wert unter 80 kWh herauskommen. Wenn nicht, hat man ein Pro­blem, schreibt der Leser. Ich habe ein Problem. Ich sage nicht, wie groß es ist. Aber ich fürchte, mit dem Ab­­dichten der Fenster ist es nicht getan. Fenster zumauern wäre wahrscheinlich besser. Das sind die hohen Räume, die Kastenfenster, die alten Heiz­körper. Wäre ich in Tirol geblieben, könnte ich selbst erneuerbaren Strom erzeugen. Das wäre der Umwelt wahrscheinlich am liebsten.

Sicher, ich bin extra nach Wien gezogen, um romantisch im Altbau zu wohnen. Aber für die Umwelt müssen wir alle Opfer bringen. Aber welche genau, hat sie nicht gesagt. Man könnte auch auf andere Weise Wärme erzeugen. Sich einen Partnerbörse-Account zulegen zum Beispiel. Oder eine warme Wintergarderobe. Ich glaube, „Mission 11“ wird mir richtig Spaß machen.

("Die Presse Schaufenster" vom 23.09.2022)

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