Fußreisende, Landschaftsmaler, Naturliebhaber und Forscher haben seit zwei Jahrhunderten die Dachsteingletscher bestaunt und in Bildern festgehalten. Vergleicht man die Abbildungen von einst und heute, wird die Veränderung in der Gletscherwelt deutlich.
Ruhe kennt ein Gletscher nicht. „Er bewegt sich und verfrachtet Material, er hobelt, scheuert und schrammt, er windet sich und breitet sich aus, reißt Spalten auf und schließt sie wieder“, schrieb vor 120 Jahren der Gletscherforscher August Böhm von Böhmersheim. Von leblosen Eismassen zu sprechen, sei daher völlig verkehrt. Wie ein Lebewesen kenne ein Gletscher den Prozess des Wachsens, aber auch den des Absterbens und Schwindens.
Was 1903 formuliert wurde, bewegt heute eine sensibilisierte Öffentlichkeit. Immer schon wurden die Gletscher beobachtet, wie sie wuchsen und wie sie schrumpften. Die Dramatik des Schwundes ruft emotionale Reaktionen hervor: Wir haben plötzlich Landschaftsbilder vor uns, die wir uns bisher ohne das „ewige Eis“ gar nicht vorstellen konnten. Seit dem „Hochstand“ des Jahres 1850, als die Gesamtfläche aller Gletscher Österreichs 941 km2 betrug, ist diese Fläche um zwei Drittel geschrumpft.
Hoffen wir, dass ein soeben erschienener, mit viel Liebe produzierter Bildband über die Gletscher des Dachsteins nicht zum Nachruf wird. Er ermöglicht aber auf jeden Fall durch viele historische Aufnahmen, durch die Dokumente von Reisenden, Landschaftsmalern, Vermessern und Naturforschern eine Übersicht über die letzten zwei Jahrhunderte, darüber, wie sich die Eisfelder vorwärts bewegten und wieder zurückgingen.
Das faszinierende Buch entstand durch die Zusammenarbeit eines Historikers, Josef Hasitschka, und eines Geologen bzw. Kartografen, Manfred Buchroithner.