Der ehemalige Vizekanzler Hubert Gorbach hat auf Einladung des weißrussischen Außenministers die Wahlen in Minsk beobachtet. Sie hätten "westeuropäischen Standards entsprochen", sagt er der "Presse".
Neben der OSZE- und einer GUS-Mission hat überraschend auch der österreichische Ex-Vizekanzler und Ex-Verkehrsminister Hubert Gorbach die Präsidentenwahlen auf ihren fairen Verlauf hin beobachtet. Er sei als honorige Person der internationalen Politik vom weißrussischen Außenminister Sergej Martynow eingeladen worden, sagte Gorbach in der Nacht auf Montag zur "Presse" in der weißrussischen Hauptstadt Minsk. Das Außenministerium habe auch noch andere internationale Politiker eingeladen. Wen, wollte er nicht sagen. Einer, der die Einladung des Außenministeriums, als NGO-Beobachter teilzunehmen, übrigens ausgeschlagen hat, war der Think-Tank des österreichischen Politologen Hans-Georg Heinrich. Warum? "Aus verschiedenen Gründen", erklärt Heinrich auf Anfrage.
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Zwölf Wahllokale kontrolliert
Gorbach seinerseits bestätigt in seinem Abschlussbericht eigenen Angaben zufolge, dass die Wahlen – zumindest in den Bereichen, die er beobachtet habe – "westeuropäischen Standards vollauf entsprochen" hätten. Gorbach inspizierte zwölf Wahllokale und war auch bei der Stimmenauszählung in einem Wahllokal dabei. "Ich habe genau gesehen, wie korrekt gezählt worden ist", begegnete er Einwürfen, dass Beobachter angeblich von der Einsicht in die Wahlzettel ferngehalten würden. Auch habe er Wahlzellen auf unerlaubte Propaganda hin überprüft.
Kein Kommentar zu möglicher Wahlfälschung
Dass die inkriminierten großflächigen Fälschungen anderweitig – etwa bei der vorzeitigen Abgabe von einem Viertel der Stimmen – passiert seien, wollte er nicht kommentieren. Vorzeitige Stimmenabgabe gebe es auch bei uns, sagte Gorbach. Und auch in Österreich würden große Parteien in den Medien präsenter sein als kleine, parierte er den Hinweis auf das Meinungsmonopol der Elite in Weißrussland. Im Übrigen könne man sich manches von Weißrussland abschauen – etwa, dass Jungwähler im Wahllokal ein Geschenk erhalten: In Weißrussland einen Notizblock.
Gorbach betreibt das Beratungsunternehmen "Gorbach Consulting". Spezialisiert auf Infrastruktur, betreut er Projekte unter anderem in Russland und Weißrussland.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 21. Dezember 2010)