Bandion-Ortner: „Verstehe, dass mich Ruth Elsner nicht sehr schätzt“

(c) Michaela Bruckberger
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Justizministerin Bandion-Ortner will sich nicht auf ihre Rolle als Ex-Bawag-Richterin reduzieren lassen. Rund ein Drittel aller Nichtigkeitsbeschwerden führen zu einer Aufhebung oder einer Teilaufhebung.

Die Presse: Wenn am Donnerstag das Urteil der ehemaligen Bawag-Richterin, die mittlerweile Justizministerin ist, aufgehoben wird, wäre das doch eine Blamage?

Claudia Bandion-Ortner: Rund ein Drittel aller Nichtigkeitsbeschwerden führen zu einer Aufhebung oder einer Teilaufhebung: Es ist das Wesen eines Instanzenzuges, dass es verschiedene Rechtsansichten gibt. Das beweist doch nur, wie unabhängig die österreichische Justiz ist. Die Empfehlung der Generalprokuratur ist eine Bestätigung eines Großteils des Bawag-Urteils. Die Empfehlung zur Aufhebung betrifft nur einen Teil.

Das klingt schon nach Verteidigung. Rechnen Sie damit, dass das Urteil zum Teil aufgehoben wird?

Ich lasse mich genauso überraschen wie Sie. Aber der Oberste Gerichtshof folgt Empfehlungen der Generalprokuratur häufig. Spannend wird vor allem, ob der OGH das Strafmaß für Helmut Elsner festsetzt.

Es gibt das böse Gerücht, Sie würden sich für die Leitung des Landesgerichts Krems interessieren.

Wo kommt das her? Das ist ein dummes Gerücht, um mich zu diskreditieren. Ich habe noch viel zu tun als Ministerin.

Sie argumentieren, dass Aufhebungen von Urteilen zur Justiz sozusagen einfach dazugehören. Nur ist das ein spezieller Fall: Ohne dieses Urteil wären Sie vermutlich nie Ministerin geworden.

Ich lasse mich nicht auf dieses Verfahren reduzieren. Ich habe auch das Konsum-Verfahren geleitet und Mordprozesse geführt. Ich schätze Eigenwerbung nicht, aber auf die Frage muss ich festhalten: Ich war eine erfolgreiche Standesvertreterin. Und vor allem bin ich den Menschen und meinem Ressort verantwortlich und nicht den Medien. Vor allem würden ich Sie bitten, meine Taten als Ministerin zu zählen.

Bitte: Was sind denn Ihre Taten?

Ich habe in zwei Jahren mehr Gesetze auf den Weg gebracht als viele Vorgänger.

Die Anzahl von Gesetzen sagt nicht unbedingt etwas über die Qualität eines Ministers aus.

Auch die Qualität stimmt: Ich nenne nur das Gewaltschutzpaket, die Reform des Insolvenzrechts, die nach Expertenmeinung sehr gut läuft. Dann habe ich die Fußfessel und die Kronzeugenregelung auf den Weg gebracht. Das sind keine Kleinigkeiten. Messen Sie mich daran. Was das Bawag-Verfahren betrifft: Der Gerichtshof urteilt auch nicht über mich, sondern über die Angeklagten.

Demnach haben Sie auch noch nie an Rücktritt gedacht?

Kann mir irgendwer einen vernünftigen Grund für einen Rücktritt nennen?

Ich will Sie nicht zum Rücktritt überreden. Aber sogar in Ihrer Partei wird darüber spekuliert.

Dazu kann und will ich nichts sagen. Aber noch einmal: Nennen Sie einen Grund, warum ich zurücktreten soll. Ich habe so viel auf den Weg gebracht.

Aber eine schiefe Optik erzeugt, dass etwa der Bawag-Staatsanwalt Georg Krakow Kabinettschef bei der Justizministerin wird, die als Richterin das Urteil sprach, das nun teilweise aufgehoben wird. Klingt doch komisch, nicht?

Mir wurde immer vorgeworfen, wir würden Einfluss auf die Rechtsprechung nehmen, nun gibt die Generalprokuratur eine Empfehlung auf Teilaufhebung ab. Sie sehen daran, wie unabhängig das funktioniert.

Ihr Kabinettschef Krakow hat sich als Generalsekretär in der Generalprokuratur beworben. Werden Sie ihn dem Bundespräsidenten vorschlagen?

Das steht nicht zur Diskussion.

Aber er hat sich doch beworben?

Das ist richtig, er hat sich beworben. Aber es steht nicht zur Diskussion.

Er hat seine Bewerbung zurückgezogen.

Das müssen Sie ihn selbst fragen.

Was sagen Sie denn zur Prozessführung beim Tierschützer-Verfahren? Das läuft offenbar ein wenig aus dem Ruder?

Mir steht es als Justizministerin nicht zu, die Prozessführung einer Richterin zu kommentieren oder zu kritisieren. Was ich aber nach Lektüre der Berichterstattung über das Verfahren und nach mehreren Gesprächen getan habe: Ich habe einen Bericht über den Stand des Verfahrens und der Beweisführung angefordert.

Um was zu tun?

Nicht um irgendwas zu tun, sondern erst einmal, um Bescheid zu wissen.

Und was sagen Sie zur Art der Ermittlung? Im Laufe der Aktion ging eine verdeckte Ermittlerin sogar eine enge Beziehung ein.

Davon hat die Justiz nichts gewusst, aber was stimmt: Das war durchaus eine ungewöhnliche Art der Ermittlung.

So kann man es auch sagen. Sollte man derartige Ermittlungsmethoden in Zukunft nicht ablehnen?

Das kann man so nicht sagen. Immerhin geht es in vielen Bereichen nicht ohne verdeckte Ermittler.

Der „Falter“ hat über Abhörprotokolle geschrieben. Daraus geht ziemlich eindeutig hervor, dass Walter Meischberger und Karl-Heinz Grasser ein Telefongespräch führten, das nach Absprache klang.

Ich weiß nicht, ob es sich dabei um eine Absprache handelt. Das zu beurteilen ist Sache der ermittelnden Behörden. Aber es gibt eben leider immer wieder Absprachen.

Um die zu verhindern, könnte man dann die Untersuchungshaft verhängen.

Aber Sie wissen, dass man wegen Verdunklungsgefahr nur zwei Monate U-Haft verhängen kann.

Aber gegen Walter Meischberger wurde nie U-Haft verhängt.

Man kann solche Absprachen nie ganz verhindern. Das stört mich an solchen Fällen auch: dass Details von Ermittlungsverfahren und Protokolle in Medien dargestellt werden und dies dann Absprachen erst ermöglicht.

Abhörprotokolle über eine Absprache sollen eine Absprache ermöglichen. Wie bitte?

Es geht mir nicht um diesen konkreten Fall. Aber generell ist es nicht gut, wenn Strafverfahren in die Öffentlichkeit kommen. Medien haben eine wichtige Kontrollfunktion. Deswegen will ich auch eine Transparenzregelung für Inserate der Regierung, um keine falschen Abhängigkeiten aufzubauen.

Dieses Gesetz wollen Sie aber nicht selbst machen, oder?

Das hat nichts mit Wollen zu tun. Das liegt nicht in meiner Kompetenz, sondern liegt wohl eher im Bundeskanzleramt. Daher werde ich im Jänner ein Gespräch mit Staatssekretär Josef Ostermayer führen.

Kommen wir zurück zu Meischberger: Dass diese Verfahren äußerst schleppend verlaufen sind, sehen Sie auch so?

Als Justizministern bin ich zur Objektivität verpflichtet. Ich kann nicht aus politischen Gründen Einfluss nehmen, das wäre Wahnsinn. Da geht es um das Strafrecht. Das ist nicht für die Politik da. Ich verwahre mich auch dagegen, dass das Strafrecht verpolitisiert wird. Da wird nämlich sehr wohl gearbeitet – auch im Fall Grasser. Wir wissen nun etwa, dass es Telefonüberwachungen gegeben hat. Nur weil die Justiz nicht berichtet, heißt das nicht, dass nichts geschieht. Wo Sie recht haben, ist, dass wir ein Ressourcen-Problem bei den großen Wirtschaftsverfahren haben. Ab dem kommenden Jahr wird sich eine eigene neue Staatsanwaltschaft darum kümmern, die personell entsprechend aufgestellt ist. Dann werden solche Verfahren auch schneller gehen.

Aber noch einmal Verdunklungsgefahr: Warum wurde bei Meischberger nicht U-Haft verhängt?

Das müssen der Staatsanwalt und das Gericht entscheiden.

Eine kleine Frage: Tut Ihnen Helmut Elsner leid?

Das ist keine Frage des Mitleids. Bei jedem Häftling ist die Familie betroffen, die nichts dafür kann. Aber das lässt sich nicht ändern.

Da höre ich Mitleid für Ruth Elsner heraus.

Mitleid ist der falsche Ausdruck. Ich habe Verständnis, dass sie mich nicht sehr schätzt und sehr emotional agiert. Irgendwer muss das Urteil sprechen, das erwarten tausende Sparer der Bawag.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.12.2010)

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