Wie Natur den Menschen schützt und selbst gefährdet wird

Herbstarbeiten in der Landwirtschaft
Herbstarbeiten in der Landwirtschaft(c) dpa (A3464 Rainer Jensen)
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Zwei Berichte zeigen auf der COP 27, wie die Natur den Klimawandel bremst – und wie stark sie bereits unter Druck ist.

Zwei Seiten einer Medaille zeigen zwei Berichte, die am Dienstag präsentiert worden sind: der eine vom Worldwide Fund for Nature (WWF), der andere von Greenpeace. Während der WWF mit „Our climate’s secret ally“ aufzeigt, wie stark Natur den durch Menschen verursachten Treibhauseffekt bremst, zeigt „Failing Nature“ von Greenpeace, wie heftig die Natur in Europa bereits unter Druck geraten ist.

Beginnen wir mit dem „Heimlichen Verbündeten“: Hier werden Zahlen und Fakten des jüngsten Berichts des IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) herangezogen, um auf dieser Basis die Leistungen der Natur beim Klimaschutz aufzuzeigen. Konkret: Mehr als die Hälfte des Kohlendioxids, das in den vergangenen zehn Jahren von Menschen verursacht worden ist, wurde der Natur aufgenommen – und ist damit nicht in der Atmosphäre verblieben.

Fast ein Drittel – 31% - ist durch Ökosysteme an Land absorbiert worden, fast ein Vierteil – 23% - wird in Ozeanen aufgenommen. Dazu kommt noch, dass die Weltmeere die Hälfte des Sauerstoffs produzieren und 90% der Temperaturzunahme aufnehmen.

An Land spielt zum Beispiel dem Amazonas-Regenwald eine zentrale Rolle. Von seiner ursprünglichen Ausdehnung hat er 13% eingebüßt, weitere 17% sind bereits in Mitleidenschaft gezogen. Breitete sich dieser Zustand auf den gesamten Regenwald Südamerikas aus, dann würden 275 Gigatonnen Kohlendioxid in die Atmosphäre gelangen (Die globalen  Gesamtemissionen für 2022 werden mit 40,6 Gigatonnen berechnet).

„Anpassung stößt an Grenzen"

„Die Natur ist unser Verbündeter, wenn es um die Verringerung der CO2-Belastung, um die Anpassung an die Erderhitzung und um die Widerstandskraft geht. Aber: „Einige Ökosysteme sind bereits über die Limits, die Anpassung stößt an ihre Grenzen.“ Und diese Entwicklung schreitet umso stärker voran, je höher die Temperaturen steigen. Bereits jetzt ist die globale Durchschnittstemperatur um 1,15 Grad höher als das Mittel der vorindustriellen Zeit.

Die Autoren des WWF-Reports glauben, dass die Natur nach wie vor eine ausreichende Kapazität hat, um ein Überschießen der Temperaturen abzupuffern, wenn diese dann auch wieder sinken. Geschieht dies nicht, dann allerdings sei auch die Natur gefährdet.

Der Bericht schließt mit einigen Forderungen: So müsse ein Drittel der Fläche – Land, Süßwasser, Ozeane – unter Schutz gestellt werden. Die Bemühungen für den Schutz der Natur müssten zunehmen. 2030 solle es den natürlich belassenen Gebieten besser gehen als zehn Jahre zuvor. Und die Emissionen seien drastisch herunterzufahren.

Zur Kehrseite: Der Greenpeace-Report fasst zusammen, welche Faktoren es sind, die natürliche Flächen immer stärker unter Druck geraten lassen: An erster Stelle werden Chemikalien, saurer Regen und Abfälle bzw. Deponien genannt. Die Zerstörung des natürlichen Gleichgewichts, die Übernutzung und die Gefährdung der Lebewesen sind weitere Belastungsfaktoren. Die Änderung der Landnutzung, die Klimakrise selbst und die Verringerung des noch bestehenden Naturraumes – all das setzt dem natürlichen Gleichgewicht zu.

Kritisiert wird hier vor allem Europa, das sich auf der internationalen Bühne gerne als Vorreiter positioniert, wenn es um die Bekämpfung der Klimakrise oder um den Erhalt der Artenvielfalt geht. Gerade bei letzterem habe die EU „bisher versagt, irgendwelche bedeutenden Ziele zu erreichen.“

„New deal for nature“

Europas Rinder-, Schweine- und Hühnerzucht wird an den Pranger gestellt, wie auch Tourismus-Projekte quer durch Europa, die naturbelassene Regionen gefährden oder zerstören. Ernährung ist ein zentrales Thema, der Schutz der Wälder sei unzureichend, derzeit drohen gerade naturbelassene Waldbestände in Polen und Rumänien zerstört zu werden.

Greenpeace fordert, dass die Naturschutz-Bemühungen der EU in einem „new deal for nature“ fixiert werden sollen. Ein Drittel der EU-Fläche – zu Wasser und zu Land – solle unter Schutz gestellt werden, ein Zehntel unter strengen Schutz. Nur dadurch könne „die stattfindende Zerstörung der Natur in Europa“ gebremst werden. „Versprechungen, Strategien und sogar Gesetze haben bisher nicht erreicht, dass der Verlust der Artenvielfalt gestoppt wird.“

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