"Erde brennt"

Alkoholverbot in von Klima-Aktivisten besetztem Hörsaal

APA/TOBIAS STEINMAURER
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Einige der Aktivistinnen und Aktivisten haben die Nacht in den Hörsälen verbracht und wollen auch nicht so schnell wieder gehen. In Innsbruck und Salzburg hat das Rektorat Gespräche mit ihnen angekündigt.

Klimaaktivistinnen und -aktivisten der Bewegung „Erde brennt“ haben Hörsäle an den Universitäten Wien, Innsbruck und Salzburg in Beschlag genommen. Die Studierenden verstehen sich als Teil der internationalen Bewegung "End Fossil: Occupy", die über Besetzungen den Ausstieg aus fossilen Energien vorantreiben will. Außerdem fordert "Erde brennt" soziale und Bildungsgerechtigkeit und höhere Uni-Budgets. Geht es nach den Aktivistinnen und Aktivisten, sollen die Hörsäle länger okkupiert bleiben.

In Wien ist seit Mittwochmittag mit dem C1 im Alten AKH der aktuell größte Hörsaal der Uni Wien besetzt (das noch größere Audimax im Haus am Ring kann derzeit wegen der U-Bahn-Bauarbeiten nicht für den Lehrbetrieb genutzt werden, Anm.). Rund 50 Personen waren gestern nach einer abendlichen Podiumsdiskussion mit Wissenschaftern und einer Vollversammlung geblieben und haben die Nacht vor Ort verbracht. Dabei gab es - anders als bei den wochenlangen Hörsaal-Besetzungen der "unibrennt"-Bewegung 2009 - keine Party.

PCR-Tests statt Alkohol und Drogen

C1 sei ein drogen- und alkoholfreier Raum, immerhin wolle man mit den Forderungen ernstgenommen werden, so Amina Guggenbichler von "Erde brennt Wien". Außerdem habe man aus manchen Fehlern von 2009 gelernt, als Alkoholkonsum im Audimax teilweise für Probleme sorgte. Überhaupt zeigen die Besetzerinnen und Besetzer sich verantwortungsbewusst und fordern etwa zu regelmäßigen PCR-Tests bzw. Maskentragen auf. Im Aufruf zur Besetzung wurde sogar an das Mitnehmen von Zahnbürste und Wechselgewand erinnert. Gegenstände, die als Vermummung oder Waffe dienen könnten (Sturmhaube, Wasserflasche), sollen daheimbleiben.

Für den heutigen Donnerstag sind neben Arbeitsgruppen-Treffen auch eine Vorlesung zum Klimawandel und ein Vortrag der Linkswende geplant. Man sei allerdings eine parteiunabhängige Bewegung, betonte Guggenbichler. "Erde brennt Wien" gehe von Studierenden aus, die teils auch schon in anderen Klima-Bewegungen wie Fridays For Future aktiv waren. Auch ehemalige unibrennt-Aktivistinnen und -Aktivisten seien dabei. Das Veranstaltungsprogramm in Wien reicht bereits bis kommenden Donnerstag. So lange wolle man den Hörsaal auch auf jeden Fall halten, betonte Guggenbichler.

Aus dem Rektorat der Uni hieß es, die Situation werde laufend beobachtet. Lehrveranstaltungen, die für die restliche Woche im Hörsaal C1 angesetzt sind, sollen nach Möglichkeit digital stattfinden. Geteilte Anliegen wie Fragen der Klimakrise sollten an der Unis als Ort für konstruktiven Diskurs und Austausch diskutiert werden, so die Uni in einer Stellungnahme. Gleichzeitig erwartet man im Rektorat aber auch, dass in absehbarer Zeit eine gemeinsame Lösung gefunden wird, wie gleichzeitig ein uneingeschränkter Universitätsbetrieb stattfinden kann.

Gespräch mit Rektorat in Innsbruck geplant

Auch an der Universität Innsbruck war der Klimaprotest am späten Donnerstagvormittag noch im Gange. Rund 40 Personen der Initiative "Erde brennt Innsbruck" halten dort seit Mittwoch, 17.00 Uhr einen Hörsaal besetzt. Wie der Leiter der Öffentlichkeitsarbeit der Universität, Uwe Steger, erklärte, seien noch immer rund 40 Personen vor Ort. Die Lage sei aber weiterhin "sehr entspannt". Im Laufe des Donnerstags sei ein Gespräch mit dem Rektorat geplant, um die Absichten der Protestierenden zu eruieren und zu erfahren, "auf wie lange die Aktion ausgelegt" sei.

"Es gibt noch keine klaren Ansagen", hielt Steger fest. Die Lehrveranstaltungen, die heute im Hörsaal stattfinden hätten sollen, wurden teilweise in andere Räumlichkeiten verlegt. "Thematisch passende Lehrveranstaltungen" hätten im besetzten Raum stattgefunden.

Rektor: „Wir unterstützen ihre Anliegen"

In Salzburg war die Besetzung Donnerstagmittag ebenfalls noch im Gange. Dort hatten gestern Abend gegen 19 Uhr rund 55 Personen drei Hörsäle im Unipark Nonntal in Beschlag genommen. Die Hälfte davon hat auch dort übernachtet. "Wir haben bereits mit den Studierenden gesprochen und unterstützen ihre Anliegen", erklärte der Rektor der Universität Salzburg, Hendrik Lehnert. Derzeit laufe alles sehr entspannt, am Abend werde er an einer Podiumsdiskussion mit den Besetzerinnen und Besetzern teilnehmen.

"Der Lehr- und Prüfungsbetrieb ist aktuell nicht betroffen, es fällt auch nichts aus." Man könne in andere Räume ausweichen, was freilich für Organisationsaufwand sorge. Wie sich die Situation entwickeln wird, könne man momentan nicht abschätzen. "Ich gehe aber nicht von einer wochenlangen Besetzung aus. In keiner Weise sind Blockaden oder Räumungsmaßnahmen angedacht“, sagte Lehnert.

Mit den Hörsaalbesetzungen wollen die Studierenden sich für soziale- und Klimagerechtigkeit einsetzen und die Hochschulen wieder zu einem "Raum für Utopien und echte Solidarität" machen. Die konkreten Forderungen unterscheiden sich dabei je nach Standort etwas. Man agiere sehr autonom, "aber End Fossil vereint uns", so Guggenbichler.

„Radikaler Systemwandel"

Die Wiener Aktivistinnen und Aktivisten treten für einen „radikalen Systemwandel, um soziale Krisen, die Krise im Bildungsbereich und die Klimakrise zu überwinden“, ein. Konkret fordern sie von der Regierung ein angemessenes Hochschulbudget, außerdem gratis Öffentliche Verkehrsmittel für alle, ein Ende der Bodenversiegelung, den Ausstieg aus fossilen Energieträgern, die Bekämpfung sozialer Ungleichheit durch Steuern auf Übergewinne und Vermögen und ein Bleiberecht für alle.

Bei "Erde brennt Innsbruck" heißt es, man wolle durch zivilen Ungehorsam einen "dringend notwendigen systemischen Wandel in Lehre, Klima- und Sozialpolitik" erreichen. Dafür sollen auch die "elitären Strukturen" der Unis geöffnet werden. "Wir wollen zusammen anfangen, die Welt neu zu denken."

Die Salzburger Gruppierung wiederum, die seit Mittwoch um 19 Uhr drei Hörsäle besetzt hat, argumentiert auch mit dem aktuellen Ukraine-Krieg für einen Ausstieg aus fossiler Energie. Zudem fordern sie ein Ende des "ständigen Krisenmodus": "Wir wollen endlich positive Zukunftsvisionen", heißt es in einer Aussendung von "Erde brennt Salzburg".

Wer schon den Überblick über die diversen Klimabewegungen verloren hat, hier ein Überblick:

Who’s who der Klima-Aktivisten: Etabliert, ungehorsam, radikal

(APA)

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