Nachhaltigkeit

Artenvielfalt wird zur Anlagechance

Nimmt die Bestäubung durch Insekten ab, drohen Ernteausfälle in der Landwirtschaft.
Nimmt die Bestäubung durch Insekten ab, drohen Ernteausfälle in der Landwirtschaft. (c) Getty Images (the_burtons)
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Die Biodiversität schrumpft, das hat Folgen für Umwelt und Wirtschaft. Einige Fondsmanager setzen sich daher mit ihren Investments für die Artenvielfalt ein.

Wien. Die Energiekrise dürfte nicht allzu rasch abebben und fordert Europas Wirtschaft gehörig heraus. Zugleich treibt sie den Ausbau erneuerbarer Energien kräftig voran. Doch auch ein weiterer Aspekt aus dem Themenbereich Nachhaltigkeit rückt zunehmend in den Fokus: die Artenvielfalt. Denn diese schrumpft weltweit dramatisch. Im „Global Risks Report 2022“ des Weltwirtschaftsforums im Schweizer Davos wurde der Verlust der Biodiversität sogar als eine der fünf größten globalen Gefahren in den kommenden zehn Jahren genannt.

Die Folgen des Artensterbens sind vielfältig: So nimmt durch weniger Insekten die Bestäubung merklich ab, was zu großen Ernteausfällen führen könnte, hält man bei der UN-Tochterorganisation „Intergovernmental Science-Policy Platform on Biodiversity and Ecosystem Services“ fest. Die Abholzung der Wälder rund um den Globus, um Anbauflächen zu schaffen, führt zum Aussterben weiterer Tierarten. Laut WWF ist die Wildtierpopulation in den vergangenen 50 Jahren bereits um rund zwei Drittel geschrumpft.

Neues Anlagethema

Der Handlungsbedarf ist groß, auch, da die Zerstörung der Natur den Wohlstand beeinträchtigt, konstatiert Velislava Dimitrova, Fondsmanagerin des Fidelity Funds – Sustainable Biodiversity Fund. Als Investmentthema ist Biodiversität noch relativ neu: Investitionen zum Erhalt der biologischen Vielfalt liegen erst bei rund 130 Milliarden Dollar pro Jahr, sagt Dimitrova und verweist auf Zahlen der Vereinten Nationen. Biodiversität birgt somit noch reichlich Potenzial, das Anleger etwa mit einem Fondsinvestment nutzen können.

Die Produkte sind dabei noch sehr jung. Das Fidelity-Portfolio etwa wurde im September lanciert, der Schwerpunkt ist klar definiert: Investiert wird in Unternehmen, die überzeugende Lösungen zum Schutz der Artenvielfalt bieten oder sich bemühen, zumindest in der eigenen Firma negative Folgen im Hinblick auf die Biodiversität zu minimieren.

Konkret wird etwa in den US-Chiphersteller Texas Instruments investiert. Dessen Halbleiter werden in klimafreundlichen Produkten, etwa in der Elektromobilität, eingesetzt. Der Zusammenhang zwischen Klima- und Artenschutz ist evident – schließlich ist für den Erhalt der Biodiversität auch ein stabiles Ökosystem notwendig. Der französische Kosmetikkonzern L'Oreal ist ebenfalls Teil des Fonds. Dieses Unternehmen setzt sich unter anderem für den Rückgang von Plastikmüll ein.

Börsenindex für Biodiversität

Auch der ETF der BNP Paribas Asset Management setzt auf Biodiversität. Bei ETFs (Exchange Traded Funds) handelt es sich grundsätzlich um börsengehandelte Fonds, die einen Index günstig nachbilden. In diesem Fall ist es der Euronext ESG Eurozone Biodiversity Leaders PAB Index, der mehr als 60 europäische Aktien enthält. Zu den Mitgliedern zählt der Industriegasehersteller Air Liquide aus Frankreich. Die Firma hat eine Stiftung zur Erhaltung der weltweiten Bienenpopulation gegründet. Der österreichische Verbund ist ebenfalls Teil des Index – er hat Fischwanderhilfen in den Barrieren der Staustufen von Wasserkraftwerken errichtet, damit Fische diese überwinden können.

Der Ossiam-ETF richtet den Fokus rein auf die Wertschöpfungskette der Nahrungsmittelproduktion. Die größte Position entfällt derzeit auf die US-Kaffeehauskette Starbucks. Der Konzern achtet etwa darauf, dass Plantagen nicht auf jenen Ackerflächen betrieben werden, für die nach dem Jahr 2004 Urwälder gerodet wurden. Auch der sparsame Umgang mit Wasser steht im Fokus. Der niederländische Nahrungsmittelkonzern Unilever ist ebenso Teil des ETF – er lässt Nisthilfen für Vögel bauen, die Schädlinge fressen, sodass weniger chemische Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden müssen.

Wie bei allen Veranlagungen sind jedoch auch bei solchen Investments größere Verluste möglich. Das sollten Anleger ebenso beachten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.11.2022)

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