Die Bildungsreform ist festgefahren, die Pflege- und Spitalskosten explodieren. Auf Josef Pühringer, den neuen Vorsitzenden der Landeshauptleutekonferenz, wartet im nächsten Halbjahr eine Menge Arbeit.
Linz/Red./Apa. Mit Jahresbeginn hat der Oberösterreicher Josef Pühringer (ÖVP) den Vorsitz in der Landeshauptleutekonferenz vom Erwin Pröll (ÖVP) übernommen – und damit auch eine Reihe offener Baustellen. Die dringendsten Probleme der Länder im Überblick:
• Pflege: Das Pflegewesen steht wegen der alternden Bevölkerung vor einer Kostenexplosion. Zuständig sind eigentlich Länder und Gemeinden. Weil die über kaum eigene Mittel verfügen, fordern sie nun mehr Geld vom Bund. Demnach sollen die bis inklusive 2014 anfallenden Mehrkosten von 600Mio. Euro zu zwei Dritteln vom Bund und zu einem Drittel von Ländern und Gemeinden getragen werden.
Danach soll ein „Pflegefonds“ eingerichtet werden. Der Schönheitsfehler dabei: Schon jetzt tragen Länder und Gemeinden nur die Hälfte der Pflegesubventionen, der Bund muss über das Pflegegeld die andere Hälfte beisteuern.
• Stabilitätspakt: Das dringlichste Problem aus Sicht des Bundes ist der neue Stabilitätspakt. Dieser Vertrag legt fest, wie hoch das Defizit von Bund, Ländern und Gemeinden sein darf. Finanzminister Josef Pröll (ÖVP) will damit die jährliche Neuverschuldung ab 2012 wieder unter die im Euroraum erlaubte Grenze von drei Prozent der Wirtschaftsleistung (BIP) drücken.
Der Beitrag von Ländern und Gemeinden ist jedoch ausständig. Eine Einigung muss bis Ende März erfolgen, wenn Pröll die Defizitziele der EU-Kommission melden muss. Pflege und Stabilitätspakt wurden junktimiert, können also nur im Paket beschlossen werden.
• Bildung: Die Reform des Bildungssystems kam im niederösterreichischen Vorsitz-Halbjahr nicht aus den Startlöchern. Hier prallen personalpolitische Interessen aufeinander: Während Unterrichtsministerin Claudia Schmied (SPÖ) die Zuständigkeiten beim Bund zentralisieren will, forderte Erwin Pröll mit Unterstützung der Bundes-ÖVP, dass alle Lehrer den Ländern überantwortet werden. Allerdings blitzte Pröll damit bei der SPÖ ab.
• Spitäler: Mehrere Länder haben ihre Spitäler aus dem Budget ausgelagert und außerhalb der Bilanz Schulden angehäuft. Weil das EU-Statistikamt Eurostat diesen Trick nicht mehr akzeptiert, droht 2011 eine Erhöhung der Staatsschuld um rund ein Prozent des BIPs. Das bedeutet akuten Handlungsbedarf.
Pühringer hielt bei seiner Antrittspressekonferenz am Montag ein Plädoyer auf den Föderalismus, weil Probleme in der Nähe der Bürger am besten gelöst werden könnten. Die Verhandlungen mit dem Bund müssten nun „auf Augenhöhe“ geführt werden. Die Notwendigkeit der Reformen verhehlte der Landeshauptmann jedoch nicht.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.01.2011)