Regierung Heger

Slowakische Regierung durch Misstrauensvotum gestürzt

Ministerpräsident Eduard Heger
Ministerpräsident Eduard HegerREUTERS
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Im slowakischen Parlament haben 78 von 150 Abgeordneten der Regierung von Eduard Heger ihr Misstrauen ausgesprochen. Wer künftig regiert - und ob es zu Neuwahlen kommt, hängt nun vor allem von Staatspräsidentin Zuzana Čaputová ab.

Die slowakische Regierung hat am Donnerstag eine Misstrauensabstimmung verloren. Das Parlament in Bratislava sprach der konservativ-populistischen Regierung von Ministerpräsident Eduard Heger das Misstrauen aus. Für den Sturz der Regierung stimmten 78 von 102 anwesenden Abgeordneten, notwendig waren 76 von insgesamt 150 Stimmen.

Für das Ende des erst seit April letzten Jahres amtierenden Kabinetts von Heger stimmten am Donnerstag im Parlament neben der kompletten Opposition auch mehrere Mandatare der Koalition. Das zeuge davon, dass die Regierung nicht nur das Vertrauen eines Großteils der Bürger, sondern auch ihrer eigenen Parlamentarier verloren hatte, erklärte Richard Sulik, Parteichef der liberalen Freiheit und Solidarität (SaS), unmittelbar nach dem Votum vor Journalisten.

Inkompetenz in Sachen Energiekrise und Inflation

Die Liberalen, die vor nur drei Monaten noch an der Regierung beteiligt waren, hatten den Misstrauensantrag im Parlament eingebracht. Die Regierung von Heger habe das Land in Chaos gestürzt, sie verschwendet staatliche Gelder für irrsinnige Vorhaben und habe Bürger sowie Firmen in der Energiekrise in Stich gelassen, so die Begründung.

Zu verantworten habe dies vor allem Finanzminister und Vorsitzender der stärksten Regierungspartei Gewöhnliche Menschen (Olano) Igor Matovic. Premier Heger sei nur eine Marionette in Händen seines Parteichefs. Nach einer tiefen Koalitionskrise vergangenes Jahr hatte Matovic, auf Druck der SaS hin, den Posten des Ministerpräsidenten an Heger abgeben müssen. Beobachter sahen daher auch persönliche Animositäten zwischen Sulik und Matovic als möglichen Hintergrund des Misstrauensantrags.

Der mit Spannung erwarteten Entscheidung im Parlament war ein zwei Tage dauerndes politisches Chaos vorhergegangen. Angesetzt war das Misstrauensvotum ursprünglich schon für Dienstag. Laut Medienberichten hatte die Opposition bereits genügend Stimmen. Die Olano konnte in letztem Moment eine Verschiebung um zwei Tage erzwingen, um noch zu verhandeln und eine Regierungsumbildung zu versuchen.

Kurz vor der Abstimmung im Nationalrat hatte dann Igor Matovic tatsächlich seinen Rücktritt in den Präsidentenpalast gebracht. Laut einer Pressemitteilung der Präsidentschaftskanzlei hatte er sich seine bereits unterzeichnete Demission aber in letztem Moment überlegt und das Schreiben einem Kanzleimitarbeiter wörtlich "aus den Händen gezerrt".

Wie geht es weiter?

Am Zug ist jetzt die slowakische Staatspräsidentin Zuzana Caputova. Sie ist verpflichtet Heger und sein Kabinett abzuberufen, dürfte die Regierung in Demission aber umgehend mit dem Weiterführen der Regierungsgeschäfte beauftragen, allerdings mit sehr eingeschränkten Kompetenzen. Laut Beobachtern könnte Caputova auch eine Beamtenregierung ernennen, die sich in Anschluss aber der Vertrauensfrage im Parlament stellen müsste.

Es ist nicht ausgeschlossen, dass die Slowakei auf Neuwahlen hinaussteuert. Diese dürften linkspopulistische Parteien zurück an die Macht bringen. Das weckt Befürchtungen vor einer Änderung des außenpolitischen Kurses des Landes, der deutlich Russland-freundlicher werden könnte.

Die Liberalen haben ihre Unterstützung für Neuwahlen bereits ausgeschlossen und plädieren für eine "Suche nach einer neuen Regierungsmehrheit" auf Grundlage der Ergebnisse der letzten Parlamentswahlen von 2020, erklärte SaS-Chef Sulik. Erneut beteiligen wollen sie sich an dieser aber nicht. Die bisher zweitstärkste Koalitionspartei "Wir sind Familie" hat sich noch nicht festgelegt.

Die Opposition, vor allem die linksgerichtete Smer von Ex-Premier Robert Fico, sowie die derzeit präferenzstärkste Hlas seines Nachfolgers im Posten des Premierministers Peter Pellegrini, sehen hingegen vorgezogene Wahlen als einzig mögliche Lösung der tiefen politischen Krise im Land.

(APA)

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