Koalition

Schengen: Türkis-grüne Weihnachtsdissonanzen

Will zuerst von der EU-Taten sehen: Edtstadler. Vizekanzler Kogler hat immerhin Verständnis.
Will zuerst von der EU-Taten sehen: Edtstadler. Vizekanzler Kogler hat immerhin Verständnis. ROLAND SCHLAGER / APA / pictured
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Europaministerin Karoline Edstadler (ÖVP) hofft nun auf Schweden, Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) will lieber Ungarn aus der Schengen-Zone werfen.

Wien. Europaministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) verteidigte den Einsatz von Bundeskanzler Karl Nehammer, Bulgarien beim Bau physischer Barrieren an der EU-Außengrenze mit EU-Geldern zu unterstützen. „Es war notwendig, entsprechend laut für andere Staaten und deren Grenzschutz einzutreten, wie etwa Bulgarien, das eine schwierige Grenze zur Türkei hat. Hier ist der Migrationsdruck besonders groß.“ Die EU-Kommission habe vor wenigen Tagen erklärt, Bulgarien möge sagen, was es brauche. Deshalb sehe sie auch bereits ein Umdenken in der EU-Behörde. „Zäune sind natürlich nur eine von vielen Maßnahmen, die es zu setzen gilt und die es bereits in elf von 27 Mitgliedstaaten gibt.“

Ein Ja Österreichs zum Schengen-Beitritt von Rumänien und Bulgarien will Edtstadler mit Fortschritten in der EU-Migrationspolitik verknüpfen. „Die Schengen-Erweiterung ist etwas, was wir in Abstimmung mit den Partnern Bulgarien und Rumänien selbstverständlich weiter besprechen wollen, damit wir das wieder auf die Agenda bringen können, wenn die entsprechenden Schritte in der Migrations- und Asylpolitik gesetzt sind.“ Edtstadler verwies darauf, dass im Jänner mit Schweden ein Land den EU-Ratsvorsitz übernehme, „das leidgeprüft und erfahren zugleich ist, was Migration betrifft“. Sie erwarte sich, dass auch dieses Thema „hoch oben auf der Agenda bleibt und wir so vielleicht Mitte des Jahres 2023 schon konkrete Lösungen am Tisch haben“. Man werde die Schengen-Entscheidung nicht hinausschieben, bis das gesamte Asylpaket auf EU-Ebene mit zahlreichen Rechtsakten beschlossen sei, da dies einige Zeit dauern werde. „Aber man muss Stück für Stück diese Schritte gehen und einen Plan festlegen. Dann kann man sehr wohl wieder über das Thema Schengen-Erweiterung um Bulgarien und Rumänien sprechen“, so die EU-Ministerin.

Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) stellte indes das von ÖVP-Regierungsmitgliedern forcierte Veto gegen einen Schengen-Beitritt Rumäniens und Bulgariens infrage. Die Probleme lägen in Wahrheit bei Ungarn, meinte Kogler in einem zu Weihnachten publizierten Interview mit der „Kleinen Zeitung“: „Würden wir bei der Logik des Innenministers bleiben, dann müsste man Ungarn aus Schengen rausschmeißen, weil von dort die meisten nicht registrierten Übertritte nach Österreich stattfinden.“ Innenminister Gerhard Karner hatte das Veto gegen einen Schengen-Beitritt Rumäniens und Bulgariens mit der steigenden illegalen Migration, auch über die Balkanroute, begründet. Beide Länder hatten aus Sicht der EU-Kommission und des Europaparlaments aber alle Bedingungen für einen Schengen-Beitritt erfüllt.

Kogler zeigte grundsätzlich Verständnis dafür, dass man am System etwas ändern müsse: „Es kann nicht sein, dass wir in Österreich regelkonform mehr als 100.000 Personen registrieren und dabei draufkommen, dass 75.000 bis 80.000 gar nicht vorher registriert worden sind.“ Die ebenfalls von ÖVP-Seite geforderten Zäune an den EU-Außengrenzen betrachtet Kogler nicht als Lösung. Darauf angesprochen, dass an Ungarns Südgrenze so ein Zaun existiere, meinte er: „Genau daran erkennt man, dass ein Zaun allein nichts hilft. Deshalb arbeiten wir an Lösungen. Und ich glaube, dass uns das gelingen wird. Rumänien und Bulgarien sollten jedenfalls im nächsten Jahr in die Schengenzone aufgenommen werden, so der Vizekanzler: „Das ist das Ziel.“

Der seit mehr als 30 Jahren in Rumänien karitativ tätige Jesuiten-Pater Georg Sporschill kritisierte Österreichs Veto in der „Kronen Zeitung“ als innenpolitischen Schachzug, der den Rumänen Unrecht tue“. „So haben es meine rumänischen Freunde verstanden. Sie lieben Österreich und haben das Veto als Rücksichtslosigkeit wahrgenommen, die keinem hilft.“ (red./APA)

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