Migrationspolitik

Italien erschwert NGOs die Rettung von Flüchtlingen auf See

Archivbild von einem Flüchtlingsboot vor Lampedusa. Die italienische Regierung hat beschlossen, dass Schiffe nach einer Seenotrettung "unverzüglich" einen Hafen ansteuern müssen, anstatt noch länger auf See nach weiteren Flüchtlingsbooten zu suchen.
Archivbild von einem Flüchtlingsboot vor Lampedusa. Die italienische Regierung hat beschlossen, dass Schiffe nach einer Seenotrettung "unverzüglich" einen Hafen ansteuern müssen, anstatt noch länger auf See nach weiteren Flüchtlingsbooten zu suchen.APA/EPA/DARRIN ZAMMIT LUPI/MOAS.
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Italien erschwert NGOs die Rettung von Flüchtlingen auf See und hat ein entsprechendes Dekret verabschiedet. Ärzte ohne Grenzen befürchtet einen Anstieg der Toten im Mittelmeer.

Die bei der Rettung von Migranten im Mittelmeer aktive Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen kritisiert den von der italienischen Regierung am Mittwochabend verabschiedeten Verhaltenskodex für Rettungsschiffe. Das Kabinett hatte beschlossen, dass Schiffe nach einer Seenotrettung "unverzüglich" einen Hafen ansteuern müssen, anstatt noch länger auf See nach weiteren Flüchtlingsbooten zu suchen.

Die NGOs müssen zudem bereits an Bord ihrer Schiffe die geretteten Migranten darüber informieren, dass sie überall in der Europäischen Union um Schutz bitten können. Bei Zuwiderhandlung droht den Kapitänen eine Geldstrafe von bis zu 50.000 Euro. Bei wiederholten Verstößen kann das Schiffs beschlagnahmt werden.

„Diese Strategie erhöht das Sterberisiko"

"Wir werden gezwungen sein, die Hilfsgebiete im Mittelmeer ungeschützt zu lassen, was unweigerlich zu einem Anstieg der Zahl der Toten führen wird. Das Fehlen eines staatlichen Hilfssystems ist eine Lücke, die wir in den letzten Jahren zu füllen versucht haben. Aber wenn die Regierung unsere Aufgabe erschwert, wenn nicht gar unmöglich macht, wer wird dann noch Leben im Mittelmeer retten?", fragte Marco Bertotto, Leiter der italienischen Abteilung von Ärzte ohne Grenzen, in einem Interview mit der italienischen Tageszeitung "La Stampa" am Donnerstag.

Riccardo Gatti, der für das von Ärzten ohne Grenzen betriebene Rettungsschiff "Geo Barents" zuständig ist, warnte vor den negativen Auswirkungen des Regierungsdekrets. "Wenn es keinen Krankenwagen gibt, wird der Kranke nicht gerettet und er stirbt vielleicht. Seit Jahren wird versucht, die Arbeit der Rettungsschiffe im Mittelmeer zu stoppen. Diese Strategie erhöht das Sterberisiko für Tausende von Menschen exponentiell. Und es schaltet die einzigen Augen aus, die sehen, was passiert", so Gatti.

Meloni pocht auf europäische Mission

Seit ihrem Amtsantritt im Oktober hat die Regierung die Aktivitäten der Hilfsorganisationen ins Visier genommen und sie beschuldigt, mit ihrer Arbeit Menschenhändlern zu nutzen. Rund 102.000 Migranten sind im Jahr 2022 bisher in Italien angekommen, wie Daten des Innenministeriums zeigen.

Die italienische Premierministerin Giorgia Meloni verteidigte bei einer Pressekonferenz am Donnerstag die Migrationspolitik ihres Rechtskabinetts. Verdienst ihrer Regierung sei es, das Thema Migration wieder in den Mittelpunkt der politischen Agenda der EU-Mitgliedsstaaten gerückt zu haben, was Italien bisher nur "unzureichend" getan habe. Meloni forderte eine europäische Mission im Einklang mit nordafrikanischen Ländern, um Migrantenabfahrten in Richtung Europa zu stoppen und den Menschenhandel aktiv zu bekämpfen. Nur Flüchtlinge und nicht Wirtschaftsmigranten sollten in Europa umverteilt werden, erklärte Meloni. Sie forderte von den NGOs "Respekt für das internationale Recht".

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