Literatur

„Ein jüdischer Garten“: Von Palmen und Schneeglöckchen

Anthologie bedeutet „Blütensammlung“. Und eine solche haben Itamar Gov, Hila Pelegund Eran Schaerf mit dem Buch „Ein jüdischer Garten“ zu jüdischen Themen angelegt.

Noch ehe man die erste Zeile gelesen hat, bezaubert dieses Buch, eine Koproduktion des Hanser Verlags mit dem Berliner Haus der Kulturen der Welt, hinter der sogar ein Beschluss des Deutschen Bundestags steht, durch das außergewöhnliche Layout und die unterschiedlichen Schriftarten, darunter auch die wohl für die meisten Leser nicht entzifferbare, also nur dekorative hebräische Schrift, mit denen die Seiten bis zum oberen Rand gefüllt sind. Jedes Kapitel, nur eine oder wenige Seiten lang, trägt in alphabetischer Reihenfolge den Namen einer Pflanze, eines Baums, einer Blume, einer Frucht. Das ergibt einen „jüdischen Garten“, eine Anthologie von Texten größtenteils jüdischer Autoren und mit jüdischer Thematik. (Erinnern wir uns daran, dass der Begriff „Anthologie“ „Blumensammlung“, „Blütenlese“ bedeutet.)

„Was hat ein Palästinenser im jüdischen Garten zu suchen?“, werden die Herausgeber von dem Palästinenser Anton Shammas gefragt. Die Antwort auf diese Frage war mir klar, als ich vor dreißig Jahren das Lesebuch zur jüdischen Geschichte „Erzähle, daß Du Dein Recht erweist“ herausgab. Die Reaktion erfuhr ich, nachdem es erschienen war: In jüdischen Buchhandlungen war es nicht zu haben. Die Kompilatoren des „Jüdischen Gartens“ bekennen ebenso mutig wie riskant, „dass das Denken über jüdische Erfahrungen außerhalb des ethnisch-nationalen Paradigmas namens Israel . . . nicht ohne die Aufzeichnungen dessen auskommt, was der Zionismus mit Palästina und seinen nicht-jüdischen Bewohnern gemacht hat und macht“. Dieses Statement ist umso couragierter angesichts einer Entwicklung, die die Herausgeber nicht vorausahnen konnten, die Bildung einer rechts-religiösen Regierung unter Netanjahu, die für Israel, für die Juden und erst recht für die Palästinenser nichts Gutes verheißt.

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