ÖVP: Aufwertung der Hauptschule reicht

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oeVP Aufwertung Hauptschule reicht(c) APA/GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH)
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Die ÖVP signalisiert mit ihrem neuen Bildungskonzept ganz bewusst Reformfreude – ohne sich wirklich von alten Dogmen zu verabschieden: Die Neue Mittelschule soll kommen, das Gymnasium bleibt.

Als „zukunftsweisend“, „neue Botschaft“ und „Angebot an den Koalitionspartner“ feierte die ÖVP am Freitag die Präsentation des lange erwarteten Bildungskonzepts. Man wolle „mehr Qualität für die Schüler, Sicherheit für die Eltern und Klarheit für die Schulen“, so Parteichef Josef Pröll. Sogar die SPÖ reagierte nicht mit kategorischer Ablehnung. Der ÖVP scheint es gelungen zu sein, öffentlich Reformwillen zu zeigen, ohne sich dabei allzu weit von alten Positionen zu entfernen. Das zeigt ein Blick auf die Eckpunkte des Konzepts:

Neue Mittelschule kommt. Die ÖVP stimmt der Ausweitung des SP-Prestigeprojekts „Neue Mittelschule“ – die als Schulversuch derzeit auf zehn Prozent aller Schulen begrenzt ist – zu. Die eigentliche Forderung der SPÖ ist dennoch nicht erfüllt: Sie will die Neue Mittelschule als gemeinsame Schule aller Zehn- bis 14-Jährigen etablieren. Das ÖVP-Papier sieht aber vor, dass das Gymnasium in seiner bisherigen Form erhalten bleibt. Die Neue Mittelschule dient somit nur der „Aufwertung“ aller Hauptschulen. Der Vollausbau kostet zusätzliche 130 Millionen Euro pro Jahr.

Bildungsempfehlung. Bereits in der Volksschule sollen die Lehrer feststellen, für welchen der Schultypen die Kinder geeignet sind: „Bildungsempfehlungen“ sollen Direktoren bei ihrer Entscheidung helfen, welche Schüler sie aufnehmen. Eine Art Zugeständnis an Gewerkschafter Fritz Neugebauer (ÖVP), der zuletzt sogar Aufnahmetests an den AHS forderte.

Mittlere Reife. Ein gemeinsamer „Fächerkanon“ soll dafür sorgen, dass die Inhalte, die an AHS-Unterstufe und Neuer Mittelschule gelehrt werden, nicht zu unterschiedlich sind, heißt es im ÖVP-Konzept. So soll die „Durchlässigkeit des Systems“ gewährleistet werden. Alle Schüler müssen zudem eine „Mittlere Reife“ – eine Art „Minizentralmatura“ – nach der achten Schulstufe bestehen. Wer durchfällt, den will die ÖVP keine höhere Schule mehr besuchen lassen. Den Betroffenen bliebe nur noch der Weg über ein (reformiertes) Polytechnikum in einen Lehrberuf.

Module, kein Sitzenbleiben. Ein Modulsystem soll den Übertritt von der Mittelschule in die AHS-Oberstufe erleichtern. So müssten nur einzelne Fächer „nachgelernt“ werden – etwa eine zweite Fremdsprache. Auch das Sitzenbleiben würde durch das Modulsystem zur „Ultima Ratio“, wie Pröll betonte. Noten solle es weiter geben – ergänzt um verbale Beurteilungen.

Deutsch als Pflicht. Eine erste „Sprachstandsfeststellung“ soll es im Kindergarten geben. Wer Defizite hat, muss an Förderprogrammen teilnehmen – oder überhaupt in die Vorschule. Wer nach der Volksschule noch Sprachprobleme hat, muss die Klasse wiederholen. Generell sollen schwache Schüler an AHS und Neuer Mittelschule außerhalb der regulären Schulzeit zu Förderstunden verpflichtet werden. Für Leistungsstarke gibt es „High Potential Groups“. Auch Leistungsgruppen sind für die ÖVP in beiden Schultypen denkbar.

Schulautonomie. Die Direktoren sollen gestärkt werden: Sie dürften sich ihre Lehrer selbst aussuchen.

Bildungsvereinbarung. Nicht zuletzt sollen die Eltern mit einer „Bildungsvereinbarung“ in die Pflicht genommen werden. Zu oft würde die „Erziehungsverantwortung smit den Kindern an der Schultür abgegeben“, sagt Pröll. „Für Erziehung sind die Eltern zuständig, die Schule unterstützt. Nicht umgekehrt.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.01.2011)

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