Hohes Haus

Gastronomie im Parlament: Kulinarische Vorbildrolle

Clemens Fabry
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Im Parlament kann man künftig auch essen gehen. Das Angebot reicht von der Kantine bis zum Fine Dining – mit besten regionalen Produkten.

Die Schrittgeschwindigkeit hat Christine Friedreich schon ein bisschen angepasst in den vergangenen Monaten. „Man wird langsamer“, sagt sie. Denn um zu ihrem Restaurant zu kommen, muss sie öfter einmal bei einer Sicherheitsschleuse stoppen: Immerhin befindet sich das Kelsen nicht irgendwo, sondern im österreichischen Parlament.

Das erstrahlt nach fast fünf Jahren Umbau nicht nur in neuem Glanz (siehe auch Seiten 2, 3), sondern hat auch gastronomisch etwas zu bieten – mit insgesamt vier Lokalen, die allesamt auch für externe Besucher offen sind. Im Erdgeschoß befindet sich das Café Agora, im Dachgeschoß die Cantina mit mittäglicher Selbstbedienung, das Bistro mit kleinen Speisen und Klassikern und das Fine-Dining-Restaurant Kelsen, benannt nach dem Vater der österreichischen Bundesverfassung.

Große Anziehungskraft

Alle vier Lokale und den Eventbereich betreibt die Gastronomieberaterin Christine Friedreich gemeinsam mit Lorenz Reichel von Gaumenglück und Thomas Hahn vom Drei-Hauben-Restaurant Labstelle in Wien. „Eigentlich wollte ich außer der Labstelle nie etwas anderes machen“, sagt er über das Projekt im Parlament. „Aber das Haus hat eine große Anziehungskraft. Und die Ausschreibung war, als wäre sie auf uns zugeschnitten. Alles, was wir drüben in der Labstelle machen, machen wie hier auch – nur drei Mal so groß.“

Wobei er zum Zeitpunkt der Bewerbung nicht wirklich daran glaubte, tatsächlich den Zuschlag bekommen zu können. Wie viele und welche Gastronomen sich fürs Parlament noch beworben haben, erfährt man nicht – kolportiert wird, dass es knapp 20 gewesen sein sollen. Der Auswahlprozess war intensiv – und erlaubte auch einen kleinen Einblick in die Welt der Politik: Es waren immer wieder auch Vertreter der Parlamentsparteien dabei.

„Ich finde das sehr spannend“, sagt Christine Friedreich. Nicht zuletzt habe man da auch einiges über die kulinarischen Präferenzen der Klubs erfahren: Beim einen versorgt man sich mit Sushi und Pizza, beim anderen vegan – und andere wollen ein Gulasch; welche Partei was bevorzugt, überlässt Friedreich der eigenen Interpretation. Nach dem Schnitzel wurde mitunter auch gefragt: Das gibt es auf der Karte des Bistros – und sicherlich ab und zu auch in der Kantine mit Mittagsmenüs zu zwölf und 15 Euro.

Heimische Lieferanten

Das Restaurant Kelsen wiederum verschreibt sich der Neuinterpretation der österreichischen Küche mit Fine-Dining-Menüs zwischen vier und sieben Gängen (ab 58 Euro). Nachhaltigkeit ist dabei zentral: Eingekauft wird so weit wie möglich bei renommierten, heimischen Lieferanten wie der Boa Farm, dem Krautwerk oder Österreis. „Wenn wir schon im Parlament sitzen, wollen wir auch ein bisschen eine Benchmark sein, was die Qualität der Produkte angeht“, sagt Hahn.

Ob man sich damit als Aushängeschild der modernen österreichischen Küche verstehen will? „Das soll es vielleicht einmal werden“, sagt Hahn. Neue Wege muss und will man jedenfalls auch bei den Mitarbeitern gehen: Insgesamt 80 Menschen arbeiten hier, ihnen bietet man flexible Arbeitsmodelle und in Zukunft eine Art Akademie, in der es verschiedene Möglichkeiten zur Weiterbildung geben soll, sagt Friedreich: „Wir sind uns auch der Vorbildrolle bewusst.“

Auf einen Blick

Im Parlament gibt es vier Lokale, die auch für die Öffentlichkeit zugänglich sind: Im Erdgeschoß befindet sich das Café Agora, im Dachgeschoß die Cantina mit Selbstbedienung, ein Bistro mit kleinen Speisen und Klassikern und das Fine-Dining-Restaurant Kelsen, es gibt auch zwei Terrassen mit Ausblick. Der Zugang erfolgt über den Haupteingang des Parlaments, ein Lichtbildausweis ist erforderlich, zudem eine Onlineregistrierung, eine Reservierung wird außerdem empfohlen. Alle Details zu Öffnungszeiten und Zugang online unter www.kelsen.at.

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