Nursultan Nasarbajew (86) wird auch der Status als Führer der Nation entzogen. Der Ex-Staatschef selbst behält aber die in der Verfassung vorgesehene Immunität vor Strafverfolgung.
Das kasachische Parlament hat am Freitag ein Gesetz aufgehoben, das der Familie von Ex-Präsident Nursultan Nasarbajew (82) Immunität vor Strafverfolgung gewährt hat, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters. Zudem wurde Nasarbajew, der die ehemalige Sowjetrepublik von 1989 bis 2019 regierte und während seiner Herrschaft einen massiven Personenkult etablierte, sein Status als „Führer der Nation" entzogen. Er selbst wird jedoch die in der Verfassung vorgesehene Immunität vor Strafverfolgung behalten.
Nach seinem Rücktritt behielt Nasarbajew zunächst weitreichende Befugnisse. Sogar die Hauptstadt Astana hieß zu Ehren Nasarbajews von 2019 bis 2022 Nursultan. Anfang vergangenen Jahres inmitten gewalttätiger Proteste schien es jedoch so, dass er sich mit seinem vorher engem Verbündeten Kassym-Schomart Tokajew, den er als Nachfolger im Präsidentenamt nominiert hatte, zerstritt.
Tokajew (69) bezeichnete die Proteste als Teil eines Putschversuchs. 238 Menschen wurden getötet, als Demonstranten, die Regierungsgebäude in mehreren Städten besetzten und in Brand steckten, mit Sicherheitskräften zusammenstießen. Erst durch den Einsatz von 2000 Soldaten des von Russland angeführten Militärbündnisses Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit (OVKS) konnten die Proteste eingedämmt werden.
Säuberungen nach Wechsel
Tokajew übernahm Nasarbajews Position als Leiter des mächtigen Sicherheitsrates und überwachte nach dem Ende der Gewalt die Entlassung einer Reihe von Nasarbajews Verwandten und Verbündeten aus leitenden Positionen im öffentlichen Sektor. Einige von ihnen, wie Nasarbajews Neffe Kairat Satybaldy, wurden festgenommen und wegen Veruntreuung von Staatsgeldern oder Geldern staatlich kontrollierter Unternehmen angeklagt. Auch die Hauptstadt wurde im September 2022 wieder in Astana rückbenannt.
Die engsten Verwandten des Ex-Präsidenten genossen jedoch bisher rechtliche Immunität dank eines Gesetzes, das Nasarbajew auch den Titel „nationaler Führer" verlieh und ihm auf Kosten des Staates eine Apanage und einen eigenen Sicherheitsdienst gewährte.
Eine Milliarden-Dollar-schwere Familie
Unter Berufung auf die von Tokajew eingeleitete und durch die Verfassungsreform des vergangenen Jahres unterstützte „politische Transformation" stimmte das Parlament am Freitag für die Aufhebung des Schutzgesetzes. Das wird es dem Staat beispielsweise ermöglichen, die Vermögenswerte von Nasarbajew-Verwandten einzufrieren, wenn sie eines Verbrechens verdächtigt werden.
Das Vermögen des Nasarbajew-Clans wurde um 2020 herum auf mehrere Milliarden Dollar geschätzt, ein Oppositioneller sprach sogar von 200 Milliarden, was aber weit zu hoch gegriffen erscheint. Die drei Töchter des Ex-Präsidenten besaßen zahlreiche Unternehmen, eine von ihnen, Dinara Kulibajeva, wurde vom Forbes-Magazin samt ihrem Mann Timur Kulibajev wiederholt als eine der reichsten Personen Kasachstans eingestuft.
(APA/red.)