Leitartikel

Wie man eine Pandemie abmoderiert

(c) REUTERS (LEONHARD FOEGER)
  • Drucken
  • Kommentieren

Johannes Rauch darf die gute Corona-Nachricht verkünden, aber er hat eine lange To-do-Liste. Das Management der Pandemie sollte nicht nur intern, sondern öffentlich aufgearbeitet werden.

Johannes Rauch macht einiges richtig. Oder er hat einfach Glück. Oder beides. Der Gesundheitsminister ist jener Politiker, der in der aktuellen Vertrauens- rangliste am stärksten dazugewonnen hat. Mit ein Grund ist wohl, dass er die gute Nachricht verkünden darf: das Auslaufen der Pandemie.

War's das jetzt? Die Maßnahmen enden, die Maske ist weg – und damit auch das Thema? Nein, natürlich nicht. Dazu waren die vergangenen drei Jahre zu einschneidend. Und es ist auch nicht für alle „vorbei“. Auch wenn Rauch jetzt lieber über andere Reformen redet, hat er eine lange Corona-To-do-Liste, auf der man gern drei Punkte bald abhaken würde. Punkt eins: Der Minister hat ja versichert, dass das Corona-Management evaluiert wird und die Erkenntnisse in einen Pandemieplan und ein neues Epidemiegesetz einfließen werden. Das ist wichtig, aber nicht genug. Denn diese Beurteilung (von Schulschließungen über Lockdowns bis zur Impfpflicht und Maske) ist keine rein interne Angelegenheit. In den Hü-hott-Corona-Jahren hat, wie alle einräumen, das Vertrauen in die Politik gelitten. Um es wiederherzustellen, braucht es eine Aufarbeitung. Mehr als Geraune und Ex-Post-Besserwisserei hilft hier vergemeinschaftetes Wissen – darüber, was gut, was schlecht gelaufen ist, wo man geirrt hat. Manche rufen: „U-Ausschuss!“, aber die Basis wäre ein großer, öffentlicher Bericht – bitte mit unabhängigen Experten.

Punkt zwei: Auch wenn die Gefahr für die vielen – also das System – klein ist, bleibt sie für wenige groß. Denn auch wenn sie sich selbst so gut wie möglich schützen, ist es für Vulnerable eine schwierige Vorstellung, dass hustende, potenziell Corona-Positive maskenlos neben ihnen in der U-Bahn oder im Spital sitzen. Natürlich wissen alle: Wer krank ist, soll daheimbleiben. Aber alle wissen auch: Solang man sich nicht elend fühlt, sieht es im Alltag oft anders aus. Deshalb wäre es gut, wenn die Huster und Schniefer zarte Gedächtnisstützen in Sachen Maske hätten. Kein „Muss“, aber ein „Bitte“. Zum Beispiel „Bitte Rücksicht“-Durchsagen in der U-Bahn oder „Könnten Sie“-Poster im Spital. Das würde auch bei anderen Infekten helfen, und wir würden dann vielleicht erkennen: Gangbetten in der Grippesaison sind kein Naturgesetz. Zu jenen, für die es nicht vorbei ist, zählen aber auch die Long-Covid-Patienten. In den USA, aber auch in Deutschland ist die Langzeitwirkung von Corona ein öffentlich, intensiv diskutiertes Thema – von der Suche nach Therapien bis zu den Auswirkungen auf dem Arbeitsmarkt. In Österreich wird es bisher engagierten, einzelnen Ärzten und Betroffenen überlassen, für Aufmerksamkeit zu sorgen. Das ist zu wenig.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.