Im türkischen Diyarbakır warten Angehörige vor Trümmerbergen auf ein Wunder. Dem Staat misstrauen sie. Eine Reportage aus dem Erdbebengebiet.
Diyarbakır. „Verbote, Verbote, was sind das für Verbote?“, schreit eine Frau über das Polizeigitter an einer Hauptverkehrsstraße von Diyarbakır hinweg einen vermummten Polizisten an, der betreten schweigt. „Irgendjemand muss uns doch irgendwann etwas sagen!“ Das Gitter riegelt die Einsturzstelle des Galeria-Wohnturms ab, einer Wohnanlage mit 36 Apartments an den römischen Stadtmauern der Kurdenstadt in Südostanatolien.
Vor den Resten des Galeria-Komplexes und anderen Trümmerbergen in Diyarbakır warten Verwandte von Erdbebenopfern auf eine Nachricht der Bergungsteams – selbst hingehen und helfen dürfen sie nicht, sie werden von Polizisten zurückgedrängt. So bleibt ihnen nichts anderes übrig, als sich in den kalten Nächten an Holzfeuern zu wärmen, bis ihnen jemand mitteilt, ob ihre Angehörigen tot sind oder leben.