Gastkommentar

Wozu eine Stiftung, wozu so viel Geld?

Recht. Die teils scharfe Kritik an der neuen Stiftung Forum Verfassung mag überspitzt sein, doch manche Bedenken sind begründet.

Der Autor:

Univ.-Prof. Dr. Walter Doralt (geboren 1978) ist Universitätsprofessor an der Universität Graz, Schwerpunkte: Bürgerliches Recht und Unternehmensrecht.

Eine Stiftung Forum Verfassung soll Wissen vermitteln, Forschung fördern und Öffentlichkeitsarbeit leisten – alles wichtige Ziele, im Allgemeininteresse. Und doch: Die Umsetzung ist zu überdenken. Der Gesetzesentwurf ist derzeit in der Begutachtungsphase. Der Vorschlag der Regierung stößt auf Zustimmung bei Neos und SPÖ. Stiftungsvorstände sollen drei VfGH-Richter sein. Die Finanzierung ist großzügig: Anfangs 710.000 Euro, dann wertgesichert 700.000 Euro pro Jahr. Das kann die einfache Parlamentsmehrheit ändern, anders als die verfassungsgesetzlich garantierte VfGH-Finanzierung. Dem Stiftungsvorstand droht damit eine Bittstellerrolle, so einer der Kritikpunkte.

Im bestehenden System ist der VfGH ein zentraler „Player“. Die Stiftung verändert das bewährte Verhältnis zwischen Politik, Rechtsprechung und Wissenschaft. Macht wird zum Gericht verschoben, genauer: zu drei Richtern.

Damit verändert sich auch das Machtgefüge innerhalb des VfGH: Der Stiftungsvorstand kann, einmal bestellt, finanziell erhebliche, öffentlich kaum sichtbare Anreize setzen, zum Beispiel durch Tagungsförderungen liebsamer Kollegen.

Entgegen besten Absichten droht die Qualität der Forschung zu leiden: Wohlwollende Förderung generiert womöglich wohlwollende Forschung, so die Kritik. Ein Stiftungsvorstand mit drei aktiven Richtern ist mit dem VfGH untrennbar verbunden, der Anschein eines potenziellen Konflikts unvermeidbar.

Alle zwei Jahre soll es zudem Preise geben: 40.000 Euro – viel Geld, für eine Auszeichnung. Das Vorschlagsrecht obliegt dem Stiftungsvorstand, nur die Letztentscheidung dem breiter aufgestellten Kuratorium. Besser könnte dieses direkt, ohne Vorschlag, entscheiden.

Ist dafür eine eigene Stiftung sinnvoll? Warum erledigt das Gericht das nicht im eigenen Namen? Haben OGH und VwGH vergleichbaren Bedarf? Wird es Ähnliches für sie geben? Öffentlichkeitsarbeit ist wichtig, Gerichte sind dafür angemessen auszustatten. Aber eine Stiftung ist dafür unnötig.

Mögliche Lösungsansätze

Viele Kritikpunkte sind leicht zu entschärfen, z. B. mit Stiftungsvorstand ohne (oder nur einem) VfGH-Richter. Gesetzlich klarzustellen wäre, dass nicht nur die Organtätigkeit ehrenamtlich ist, sondern auch sonst Organmitglieder keine Zuwendungen erhalten (Vorträge, Studien etc.).

Gleichgültig, wer dem Vorstand angehört: Nahestehende Personen sollten weder Zuwendungen noch den Preis erhalten können; damit wäre die von manchen behauptete Optik der Selbstbedienung ausgeschlossen.

Das Land ist klein, die Zahl möglicher Förderungsempfänger überschaubar, umso wichtiger wäre ein objektives Verfahren. Forschungsgegenstand kann unter anderem VfGH-Judikatur sein. Förderungen könnten besser von dafür etablierten Einrichtungen (wie beispielsweise dem FWF) vergeben werden.

Die Summen machen die Stiftung potenziell zum größten Fördergeber verfassungsrechtlicher Forschung. Das ist nicht nötig – auch 100.000 bis 200.000 Euro können in dem engen Feld viel bewirken.

Die teils scharfe Kritik mag überspitzt sein, doch manche Bedenken sind begründet. Viele Seiten fragen: Wozu eine Stiftung und wozu so viel Geld? Der VfGH selbst äußert sich natürlich positiv, was die Polarisierung verschärft (– gerade das Gegenteil des Ziels der Stiftung).

Der Weg zu einer breit akzeptierten Lösung erfordert eine Überarbeitung unter Beteiligung der (Fach-)Öffentlichkeit – was zum namensgebenden Begriff des Forums passen würde.

E-Mails an:debatte@diepresse.com

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("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.03.2023)

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