„Die Normalen“ seien der „wahre Schatz“ des Landes, so der in seinem Betragen meist doch originelle blaue Bundesparteichef. Man poltert fürs Leisetreten, wohl auch, um heikles Erbgut ins Vergessen zu rücken. Die in Klagenfurt aufgewachsene Schriftstellerin und Staatspreisträgerin Anna Baar über ihr Kärnten.
Klagenfurt. Auflauf beim Hauptbahnhof kurz vor dem Weihnachtsabend. Die Stellplätze besetzt, auch die Halteverbots- und Kiss-and-Ride-Bereiche. Motoren schnurren im Leerlauf. Grüppchen postieren sich beim Eingang vor der Wartehalle. Auf ein geheimes Zeichen, ein Donnern, ein leichtes Beben, braust drinnen etwas an. Schiebetüren fliegen auf. Hunderte strömen ins Freie. Die Stimmen laut und hell, die Kraft der Gebärden und Schritte verschwenderisch im Kleinen. Man fällt sich in die Arme. Gepäckraumtürenkrach, das Aufheulen der Motoren, das Knacken und Knirschen von Rollsplit. Nach wenigen Minuten gehört der Bahnhofsvorplatz wieder den Gestrandeten – Stiazlan, Psufs und Giftlan, wie sie in Kärnten heißen, oft schon auf Verdacht hin.
Wenige Meter weiter warten Nichtabgeholte an einer Bushaltestelle. Vis-à-vis Graffiti von Lavant, Bachmann und Musil auf einer Hausfassade. Ob sie immer noch da sind, wenn der nächste Zug aus Wien in Klagenfurt einrollt? Ob sie anderswo auf den Anschluss warten? Manche städtischen Busse verkehren im Halbstundentakt, nachts oft überhaupt nicht. Und wie weiterkommen in die Randbezirke, Dörfer und Schlafgemeinden?