Buch der Woche

Joy Williams: Erklär mir bitte nichts

Joy Williams wird von Kollegen wie Bret Easton Ellis und Raymond Carver verehrt.
Joy Williams wird von Kollegen wie Bret Easton Ellis und Raymond Carver verehrt. Jonno Rattman for the New Yorker
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Warum erzählen wir? Warum lesen wir? Um die Welt zu begreifen. Oder um zu erfassen, wie unbegreiflich sie ist: Joy Williams legt „Stories“ vor, die uns im besten Sinn verwirren.

Der Tod ist überall. Ist so. Er hat Bomber Boyd den Vater genommen und Prediger Jones die Frau. Er wartet auf Gloria, die an einem Gehirntumor leidet und sich fragt, warum sie ihre letzten Tage ausgerechnet hier verbringt, auf der schmuddeligen Decke im Vorgarten einer Freundin; er liegt vor Jack auf dem Seziertisch, und er erwischt die alte Dame, während sie im Speisesaal ihren Wackelpudding löffelt. Er kommt, weil das Leben ist, wie es ist, und der Mensch noch schlimmer. „Unmöglich“, hat Bret Easton Ellis über Joy Williams gesagt, „schon beim ersten Lesen all die dunklen, überbordenden Geheimnisse dieser Literatur zu erfassen. Doch mir fehlt der Mut, die Geschichten ein zweites Mal zu lesen.“

Kann man verstehen. Und die auf dem Einband abgedruckten Hymnen von Raymond Carver („einfach ein Wunder“) und Lauren Groff („düstere Großmeisterin der Kurzgeschichten“) auch. Joy Williams, 1944 geboren und im deutschsprachigen Raum so unbekannt, dass es nicht einmal einen Wikipedia-Eintrag zu ihr gibt, zerrt einen schon mit den jeweils ersten knappen Sätzen ihrer knappen Storys in einen dunklen Kosmos, und dort bleiben wir, verblüfft ob all der Weite und Schönheit und auch Rätselhaftigkeit: „Jones, der Prediger, hat sein ganzes Leben lang geliebt. Er staunt selbst darüber, denn soweit er es beurteilen kann, hat es nie jemandem genützt.“ So steht es da. Oder dieser Anfang: „Donna kam als Besucherin im langen schwarzen Mantel. Es war Frühling, aber noch kühl, und sie trug nie helle Farben, schließlich war sie keine Butterblume.“ Oder der: „Bomber Boyd, dreizehn Jahre alt, erzählte seinen neuen Freunden in jenem Sommer, sein Vater sei vom Staate Florida hingerichtet worden, weil er einen Hilfssheriff und dessen Drogenspürhund ermordet habe.“

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