Marktbericht

Dynamik am Wiener Zinshaus-Markt flaut ab

Clemens Fabry
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Die Preise für Gründerzeithäuser sind seit Herbst 2022 im Durchschnitt um zehn Prozent gesunken, die Renditen liegen bei zwei bis drei Prozent. Die veränderte Marktsituation lässt laut Otto Immobilien manche Projektentwickler zögern.

Auch das Wiener Zinshaus bleibt von der Unsicherheit am Immobilienmarkt nicht unberührt. Teuerung und Zinswende rüttelten in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahres leicht an den Grundfesten der Gründerzeithäuser, wie eine aktuelle Studie von Otto Immobilien zeigt. Demnach hat sich der Markt für Zinshäuser in Wien seit Herbst 2022 stark verändert. „Nach Jahren der hektischen Betriebsamkeit ist eine Stabilisierungs- und Bereinigungsphase eingeläutet“, berichtet Philipp Maisel, Teamleiter Zinshaus bei Otto Immobilien, der eine ausbalancierende Entwicklung weg vom bisherigen Käufermarkt sieht.

Das bedeutet: Mehr Angebot trifft derzeit auf gebremste Nachfrage. So platzieren einerseits Bestandshalter häufiger als bisher ihre Projekte auf dem Markt, weil die Zinskosten innerhalb ihres Immobilienportfolios gestiegen sind. Andererseits „ist die Nachfrage durch die erhöhte Unsicherheit am Markt und die gestiegenen Finanzierungskosten gebremst“, erklärt Maisel.

Aufgrund der Marktsituation mit hohen Baukosten, steigenden Zinsen und strengeren Vergabestandards bei der Finanzierung von Wohnimmobilien (KIM-Verordnung) hätten vor allem Projektentwickler gelitten, die nun zögern zu kaufen: „Projektentwickler benötigen Klarheit und Sicherheit“, betont Inhaber Eugen Otto. Diese Komponenten seien aktuell nicht mehr so gegeben wie noch vor zwei Jahren

Zinshaus-Preise im zweiten Halbjahr 2022 teilweise deutlich gesunken

Auf den Wiener Zinshausmarkt wirkt sich diese Gemengelage mit einem Preisrückgang von minus 10 Prozent aus. Am stärksten gesunken sind die Mindestpreise im 2., 3., 10. und 20. Bezirk – mit einem Minus von jeweils rund 15 Prozent. „Auch in den Bezirken 11, 12, und 18 sind die Einstiegspreise zurückgegangen. Hier haben wir Verluste zwischen 10 Prozent und 11 Prozent beobachtet, wobei Gründerzeit-Zinshäuser in einem durchschnittlichen Zustand nicht unter 2.035 Euro/m² verkauft werden“, erläutert Maisel.

Knapp 30 Prozent weniger Transaktionen

Laut dem Zinshaus-Marktbericht fanden 2022 in ganz Wien 483 Transaktionen statt. Gegenüber dem Vergleichszeitraum im Jahr 2021 bedeutet dies einen Rückgang von minus 28 Prozent. In 14 Bezirken ist die Zahl der Verkäufe teils deutlich zurückgegangen, etwa in den Bezirken 13 bis 17 von durchschnittlich rund 52 Prozent. Doch es gibt auch Ausnahmen: „Im 1. und 9. Bezirk wurden mit plus 80 Prozent bzw. plus 95 Prozent die stärksten Zuwächse bei der Zahl der Zinshausverkäufe beobachtet“, betont Maisel, der speziell im Alsergrund dafür aber keine strukturellen Ursachen erkennt.

Das gesamte Transaktionsvolumen lag 2022 laut Otto Immobilien bei knapp über 2 Mrd. Euro. Im Jahr davor wurde mit 2,4 Mrd. Euro noch ein bisheriges Rekordergebnis erzielt. „Das Transaktionsvolumen der Asset Deals lag 2022 mit insgesamt rund 1,7 Mrd. Euro leicht unter dem Wert von 2021. Wir erwarten aber noch eine größere Anzahl an Nachläufen. Mit diesen noch nicht verbücherten Transaktionen könnte noch ein Volumen knapp unter dem Wert erreicht werden“, sagt Maisel. Auffallend sei, dass trotz der erschwerten Rahmenbedingungen im zweiten Halbjahr 2022 insgesamt ein Transaktionsvolumen von rund 850 Mio. Euro umgesetzt wurde. Dies entspricht einer Zunahme von 8 Prozent gegenüber dem Vergleichszeitraum 2021.

Renditen steigen

Erstmalig ziehen die Renditen im Jahr 2022 wieder an. „Im Großteil der Bezirke beträgt die Maximalrendite zwischen 2-3 Prozent, heißt es im Marktbericht des Immobiliendienstleiters, der knapp hundert Zinshäuser verwaltet. Die einzige Ausnahme bildet der Bezirk 1, wo die Maximalrendite unter 2 Prozent liegt. Den Markt dominieren weiterhin die Unternehmen, sowohl auf der Verkäufer- als auch auf der Käuferseite. Knapp 81 Prozent aller Käufe sowie 43 Prozent aller Verkäufe sind im Vorjahr von Unternehmen ausgegangen.

Die verminderte Marktdynamik könnte jedenfalls nach der Einschätzung der Experten von Otto Immobilien noch bis Jahresende dauern. Für 2024 wird ein leichter Aufschwung erwartet. (hbh)

Bestand an Zinshäusern in Wien sinkt

Als die für Zinshäuser der Gründerzeit relevante Bauperiode gelten die Jahre zwischen 1848 und 1918. Während im Herbst 2009 noch 15.529 solcher Gründerzeit-Zinshäuser identifiziert werden konnten, sind es mit Stichtag derzeit nur noch 13.607. Damit hat sich die Anzahl insgesamt um 1.922 verringert, was einem Rückgang des Bestandes seit 2009 von etwa zwölf Prozent entspricht. Hauptgrund dafür ist die Begründung von Wohnungseigentum. Abrisse von Gründerzeit-Zinshäusern sind hingegen selten, was für ihre bauliche Qualität bzw. ihre Adaptierbarkeit spricht.

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