Von den einst 180 Geschlechtertürmen stehen nur mehr an die 20.
Turmgeschichte

Hoch bauten die Geschlechter in Bologna

Türme, in denen Patrizier sich verschanzten. Rosa Gebäude, in denen Revolutionäres gedacht wurde. Und das gute Essen. Dafür steht Bologna.

Der Torre degli Asinelli ist mit 97  Metern der höchste Geschlech­terturm Bolognas. Neben ihm steht ein Stumpf – der Torre della Garisenda (48  Meter), auch ein Geschlechterturm. Der Begriff hat absolut nichts mit Sexualität zu tun. Im frühen italienischen Mittelalter errichteten die lokalen Geschlechter für Wohn-, Repräsentations- und Verteidigungsbedürfnisse im urbanen Raum schmale Türme, Äquivalente zu ländlichen Burgen. Sie dienten nicht nur der Feindesabwehr, sondern schützten die Patrizier­familien bei innerstädtischen Fehden. Vom einstigen wüsten Wald der 180 Geschlechtertürme Bolognas stehen heute noch um die zwanzig, Stümpfe inklusive. Die meisten waren um das Jahr 1200 erbaut worden, stürzten jedoch früher oder später ein, nach Aus­einandersetzungen, durch Erdbeben oder einfach wegen Materialermüdung.

Der Vater von Matteo Giovanardi, 67, dem heutigen Eigentümer des merkwürdigen Torre dei Prendiparte (60  Meter Höhe), hatte, als spät berufener Mittelalterfreak, diesen heruntergekommenen zwölfstöckigen Ge-schlechterturm 1972 gekauft. Aus steuerlichen Gründen überschrieb er ihn später auf seinen 17-jährigen Sohn. „Plötzlich gehörte mir dieser Turm“, erzählt Matteo, „in einem Alter, in dem ich lieber einen Sportwagen geerbt hätte. Er hatte 2,80 Meter dicke Mauern, war wie ein Klotz am Bein, seine Haltung teuer. Sein Wert kam mir erst sehr allmählich zum Bewusstsein.“ Im Jahr 1991, nach seiner Scheidung, beschloss er, ihn selbst zu nutzen. „Für mich war es ein guter Ort, um mich neu zu orientieren.“ Neben allen Renovierungen musste er einen ebenerdigen Eingang errichten. Der ursprüngliche führte ja, einer militärischen Logik folgend, in sechs Metern Höhe über eine Brücke. Matteo sollte sieben Jahre im Prendiparte leben. Bis er wieder heiratete.

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