Literatur

Krieg aus der Sicht eines Scharfschützen

Mathias Énard, geboren 1972 in Niort, Frankreich
Mathias Énard, geboren 1972 in Niort, FrankreichImago/Pacific Press Agency
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„Der perfekte Schuss“ von Mathias Énard versetzt uns in die Haut eines jungen Kämpfers.

Der frühe Morgen ist die beste Zeit. Das Licht ist perfekt, es blendet kaum, nichts spiegelt. Die Leute beginnen einen neuen Tag und sind nicht ganz so vorsichtig.“ Klingt fast idyllisch, oder? Ist es für den Ich-Erzähler im Roman „Der perfekte Schuss“ auch, denn „im Morgengrauen hatte ich einige meiner besten Abschüsse. Die Frau zum Beispiel, die sich in ihrem schönen Kleid, einen Korb in der Hand, zu freuen schien, aus dem Haus zu gehen. Ich habe sie im Nacken getroffen, sie fiel auf der Stelle um wie eine Marionette, der alle Fäden gekappt wurden.“

Der Franzose Mathias Énard wurde mit seinem zwischen Wien und dem „Orient“ angesiedelten Roman „Kompass“ (2015) im deutschsprachigen Raum bekannt. Sein früherer Roman „Zone“ bestand aus einem inneren, einen einzigen Satz bildenden Monolog eines Jugoslawienkriegsveteranen. „Der perfekte Schuss“ wiederum versetzt uns in die Haut eines 18-jährigen Scharfschützen. Nach einem ersten traumatischen Erlebnis wird die Kunst des „perfekten Schusses“ zur Leidenschaft, mit ihr gewinnt er auch die Kontrolle zurück. „Von meinem Dach aus übersehe ich die Bürgersteige, schaue den Leuten beim Leben zu. Mit einem Druck auf den Abzug bin ich bei ihnen. Es ist ein schwieriges Geschäft, das Präzision und Konzentration erfordert. Alle denken immer nur an den Schuss und was er bewirkt. Sie wissen nicht, dass ich ihren Herzschlag durch meinen gehört habe ...“

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