Leipziger Buchmesse

Verzeih mir, Mutter!

Dinçer Güçyeter und seine Mutter Fatma
Dinçer Güçyeter und seine Mutter FatmaStudio Özgur Usak
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Der Roman „Unser Deutschlandmärchen“ von Dinçer Güçyeter ist für den Preis der Leipziger Buchmesse nominiert. Er sollte ihn gewinnen.

Da ist der Sohn. Der träumt. Er träumt davon, dass seine Mutter in einer Patisserie die Naschereien verziert, mit Schokolade, Mandeln, Walnüssen, dass sie Puderzucker darüberstreut, das Gebäck auf Spitzendecken aufreiht, eine rubinrote Schleife um die Tüten bindet. Dabei arbeitet sie in Wirklichkeit in der Schuhfabrik, schuftet sich krumm und krank, und wenn sie heimkommt, schlüpft sie in Gummistiefel, fährt mit anderen Frauen aufs Feld, dort geht das Schuften weiter.

Da ist die Mutter, die träumt. Von einem Sohn, der es besser macht. Besser als sein Vater, der Taugenichts, das Großmaul mit dem riesigen Schädel, dem sie zur Frau gegeben wurde, der sie mitgenommen hat nach Deutschland, und dessen Kneipe mehr kostet, als sie einbringt – ihr, Fatma, bleiben nur die Rechnungen und schließlich die Schulden. Ein braver Arbeiter soll er werden, ihr Sohn Dinçer. Verlässlich und stark.

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