Im Amtsmissbrauchs-Prozess gegen drei frühere Mitarbeiter des Staatsschutz-Amts BVT und einen Bundesasylamts-Beamten tauchte ein entlastender E-Mail-Verkehr hoher Beamter auf.
War die Verfassungsschutz-Operation „White Milk“, also die Asylgewährung für einen syrischen General, illegal – wie die Anklagebehörde, die WKStA, meint? Oder handelten die fünf Angeklagten im Rahmen ihrer Befugnisse? Vier Männer standen am Montag bei der Fortsetzung des spektakulären Amtsmissbrauchs-Prozesses in Wien vor Gericht, einer war weiterhin krankgemeldet.
Das erschienene Quartett, drei ehemalige Mitarbeiter des Bundesamts für Verfassungsschutz (BVT) und ein Beamter des Bundesasylamts, bekennt sich nicht schuldig. Der fünfte, krank gemeldete Mann, W. (59), gibt dem Gericht Rätsel auf. Um herauszufinden, woran er überhaupt leidet, wird nun ärztlicher Befund eingeholt. Zudem will das Gericht nicht näher genannte Nachforschungen anstellen.
Zunächst aber wurde am Montagvormittag (es war der zweite Verhandlungstag) ziemlich lang über den Verteidiger-Antrag auf Ausschluss der Öffentlichkeit beraten. Dann erging der Beschluss die Öffentlichkeit zuzulassen. Ein genereller Ausschluss aus Gründen der nationalen Sicherheit sei „nicht möglich“, so die Richterin. Es sei auch nicht ersichtlich, „dass Staatsgeheimnisse bekannt würden, oder dass zwischenstaatliche Beziehungen gefährdet wären.“
Asylverfahren manipuliert?
Für eine Überraschung sorgte jener Anklagte, der beim Bundesasylamt in leitender Funktion tätig ist. Der 57-Jährige, dem vorgeworfen wird, er habe das Asylverfahren für den syrischen General im Verbund mit dem BVT manipuliert, erklärte, es habe sich um ein übliches Vorgehen gehandelt. Mit Amtsmissbrauch will der 57-Jährige nichts zu tun haben.
Die Vorgeschichte: Der syrische General, ein Zugehöriger der Religionsgemeinschaft der Drusen, war 2013 aus dem unter dem Assad-Regime leidenden Bürgerkriegsland nach Frankreich geflohen. Dort suchte er – erfolglos – um Asyl an.
Da der israelische Auslandsgeheimdienst Mossad den Syrer als Informanten gewinnen wollte, kam es zu einer Kooperation zwischen dem Mossad und dem BVT – dieses wurde mittlerweile in die Staatsschutz-Direktion umgewandelt. Man verbrachte den General von Frankreich nach Österreich, wo er eben ein Asylverfahren bekam. Dafür sorgte unter anderem der nunmehr angeklagte Bundesasylamts-Mitarbeiter.
Laut WKStA habe der Mann vorsätzlich eine Frist verstreichen lassen, sodass nicht mehr Frankreich, sondern eben Österreich zuständig gewesen sei. Auf diese Frist sei es aber gar nicht angekommen, sagte nun der beschuldigte Beamte. Der General sei offenbar in Frankreich gefährdet gewesen, sei weiters unter der Obhut des BVT gestanden und habe aus damaliger Sicht die Voraussetzungen für Asylgewährung mitgebracht. Außerdem sei der Fall auch seinen Vorgesetzten bekannt gewesen. Und: Davon, dass dem General die Folter von Gefangenen vorgeworfen wird, habe er keine Ahnung gehabt.
Zum Beweis dafür, dass man auch innerhalb des Bundesasylamts an ihm festhalte, legte der Angeklagte dem Gericht einen E-Mail-Verkehr vor. Demnach bestätigte vorigen Herbst ein Vertreter der Asylamts-Direktion, dass die Handlungen des nunmehr angeklagten Beamten „absolut rechtmäßig“ gewesen seien. Auch der von der WKStA angeprangerte Fristablauf sei nicht verwerflich, sondern habe „gute Gründe“ gehabt.
Dieser Sichtweise schloss sich in einem weiteren Mail auch eine Beamtin des Innenministeriums an. Somit kann der besagte E-Mail-Verkehr quasi als Persilschein für den angeklagten Asylamts-Beamten gesehen werden. Ebendieser wurde bisher auch nicht versetzt oder suspendiert. Es läuft auch kein Disziplinarverfahren. Der Beamte selbst legte nach und wies darauf hin, dass er Träger eines vom Bundespräsidenten verliehenen Ehrenzeichens der Republik Österreich sei.
Von Vorgesetzten genehmigt
Auch einer der drei früheren BVT-Männer, F. (58), wurde am Montag einvernommen. Er erklärte, er sei von der DSN übernommen worden, sei nun aber nicht mehr an seiner angestammten Dienststelle tätig. Er habe damals angenommen, „dass der General dort (in Frankreich, Anm.) gefährdet war und nicht dort bleiben kann“. So habe man im BVT erwogen, ihm Asyl zu besorgen. „Das war vom Abteilungsleiter und von höheren Führungskräften genehmigt. Ich konnte davon ausgehen, dass das nicht rechtswidrig war.“ Die Operation „White Milk“ habe sein Abteilungsleiter, der nunmehr erkrankte W., genehmigt.
Wann das Urteil fällt, ist noch offen. Der Prozess ist für mehrere Tage anberaumt.