Israel

Minister provoziert mit Tempelberg-Besuch

Der rechtsextreme Polizeiminister Itamar Ben-Gvir empört mit erneuter Tempelberg-Visite die Muslime. Die Reaktionen fallen heftig aus – und schüren Sorgen vor einer neuen Eskalation der Gewalt in der Region.

Jerusalem. Ein erneuter Besuch des israelischen Polizeiministers Itamar Ben-Gvir auf dem Tempelberg in Jerusalem hat am Sonntag heftige Kritik ausgelöst. Ben-Gvir sagte bei dem Besuch auf der Anlage, die Muslime als „al-Haram al-Sharif“ verehren: „Ich freue mich, den Tempelberg in Jerusalem zu besuchen, den wichtigsten Ort für das jüdische Volk.“ Er lobte die Arbeit der Polizei, die zeige, „wer in Jerusalem der Hausherr ist“.

Das jordanische Außenministerium und die Palästinenserbehörde verurteilten den Besuch des rechtsextremen Ministers als gefährliche Provokation. Kritik kam auch von Saudiarabien und Ägypten.

Ben-Gvir sagte bei der Visite: „Alle Drohungen der (im Gazastreifen herrschenden islamistischen) Hamas werden nichts helfen, wir sind der Hausherr in Jerusalem und im ganzen Land Israel.“ Damit bezieht er sich auch auf das besetzte Westjordanland und den arabisch geprägten Ostteil Jerusalems. Der Minister hatte den Tempelberg zuletzt im Jänner besucht, kurz nach seinem Amtsantritt.

Der Tempelberg mit der Al-Aqsa-Moschee und dem angrenzenden Felsendom gilt als drittheiligste Stätte des Islam. Sie ist aber auch den Juden heilig. Jordanien ist Hüter der heiligen Stätten des Islam in Jerusalem.

Unter muslimischer Verwaltung

Der Tempelberg steht unter muslimischer Verwaltung, während Israel für die Sicherheit zuständig ist. Juden dürfen die Anlage besuchen, dort allerdings nicht beten. Ben-Gvir setzt sich dafür ein, dass Juden mehr Zugang zu der Anlage erhalten. Die Palästinenser befürchten, Israel wolle seine Kontrolle der heiligen Stätte ausweiten.

Ein Sprecher des palästinensischen Präsidenten, Mahmoud Abbas, nannte Ben-Gvirs Besuch nach Angaben der Nachrichtenagentur Wafa einen „offenen Angriff der heiligen Stätte, der schwerwiegende Konsequenzen haben wird“. „Der Al-Aqsa-Moschee zu schaden, bedeutet mit Feuer zu spielen, und dies wird die Region in einen religiösen Krieg mit unvorstellbaren Folgen drängen.“ Erst drei Tage zuvor hatte Ben-Gvir an einem umstrittenen Marsch von Ultranationalisten durch die Altstadt von Jerusalem am sogenannten Jerusalem-Tag teilgenommen. Viele Palästinenser sehen den Marsch, der an die Einnahme Ost-Jerusalems durch die israelische Armee im Sechs-Tage-Krieg 1967 erinnern soll, als Provokation.

Bereits mit einem früheren Besuch auf dem Tempelberg hatte Ben-Gvir die Angst vor einer erneuten Gewalteskalation zwischen Israelis und Palästinensern geschürt. Der Besuch Anfang des Jahres hatte international massive Kritik ausgelöst, unter anderem von den USA. (APA/dpa/AFP)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.05.2023)

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