Architekturausstellung

Die Öffnung zur Stadt auf der Architekturbiennale

Das Architekturkollektiv AKT und Hermann Czech blicken bei der Architekturbiennale in Venedig über die Mauer der Giardini.

Es ist doch nur eine Mauer. Und irgendwie auch bloß das Tages­geschäft der Architektur: Räume trennen, Räume erweitern. Einige inkludieren, andere ausschließen. Die Mauer selbst, die kriegt man wahrscheinlich im Ernstfall auch selbst zusammen, da gibt’s sicher ein paar YouTube-Videos dazu. Aber bei allem anderen, den symbolischen Konnotationen, den sozialräumlichen Implikationen – dafür sollte man vieleicht Menschen fragen, die sich intensiv mit Architektur und ihren Auswirkungen beschäftigen. Allzu viel intellektualisieren will der diesjährige Beitrag Österreichs zur 18. Architekturbiennale in Venedig, kuratiert von Lesley Lokko, trotzdem nicht. Eher will er: ganz konkret Architektur sein. Und dabei kann schon Mauer oder keine Mauer ziemlich viel bedeuten.
Architektur wirkt. Selten wird das so unmittelbar spürbar, wie wenn man etwa eine Mauer durchbricht. Und genau das hatten das Architekturkollektiv AKT (das steht für Architektur, Kultur und Theorie) und Hermann Czech mit ihrem Beitrag in Venedig vor.

Die Stadt und ihre Bewohner hereinholen und dafür eine Hälfte des Pavillons räumlich abtreten, so lautete der Plan. Schließlich trennt ein hohes, schmales steinernes Band das Areal der Architekturbiennale von der Stadt, in der sie stattfindet, isoliert den Stadtteil Sant’Elena, die Anrainer und Nachbarn von einer riesigen Ausstellungsinstitution. Noch dazu hat diese in den letzten Jahrzehnten mehr und mehr von einer knappen und wertvollen Ressource in der Stadt für sich beansprucht, den Raum. Die Bewohner jenseits der Mauer: Nachbarn zwar, aber völlig unbeteiligte. Schade, befanden AKT und Hermann Czech. Schließlich sei die Architekturbiennale im Jahr 1980 ursprünglich als etwas angetreten, womit sich die diesjährige Ausgabe endlich großspurig überschreibt: als „The Laboratory of the Future“. Und darin liefert der österreichische Beitrag nun eine „begehbare Versuchsanordnung ohne Experiment“ ab. Denn: Das Experiment hat die Institution selbst, die Biennale, abgesagt. Deshalb erzählt der Beitrag nunmehr vor allem auch einen Handlungstwist, der irgendwie auch vorhersehbar war: es ist die Geschichte einer Verhinderung, auf einem Areal, den „Giardini“, das vormals für alle da sein sollte – es waren ehemals öffentliche Gärten. Napoleon hatte sie einst initiiert.
Venedig und seine berühmte Architekturausstellung, sie sollten wieder zusammenfinden, befanden AKT und Czech. Die Mauer sollte weg. Das klang simpel, nach kleiner Geste und möglicher großer Wirkung. Doch gerade dort, wo Interessensgruppen um wertvolle Raumressourcen rangeln müssen in der Stadt und noch dazu meist der Mächtigere gewinnt, wird’s schnell komplex und kompliziert. „Aber das ist fast immer so in der Architektur. Auch ein scheinbar einfacher baulicher Eingriff berührt gleichzeitig viele unterschiedliche Ebenen“, sagen AKT. Natürlich immer auch: die stadträumliche Realität. Und in diesem Fall ebenso: die Befindlichkeiten einer mächtigen Institution.

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