Junge Forschung

Alte Werte und junge Köpfe

Beruflich und privat von Familienunternehmen umgeben: Maija Worek.
Beruflich und privat von Familienunternehmen umgeben: Maija Worek.Clemens Fabry
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Wie können sich Familienunternehmen neu organisieren und Innovationen vorantreiben, ohne ihre Identität zu verlieren? Das steht im Fokus der Forschungen von Maija Worek.

An die erste Berührung mit Forschung erinnert sich Maija Worek noch genau: „Beim ersten selbstständigen Schreiben meiner Forschungstexte war ich plötzlich in meiner Mitte. Da dachte ich mir: ,Das ist mein Weg.‘“ Das habe sich so angefühlt, als ob sie Raum und Zeit um sich vergesse, erzählt sie.

Die Sehnsucht nach den Bergen und die Aussicht auf eine Doktoratsstelle am Institut für Strategisches Management der Uni Innsbruck haben die gebürtige Finnin dann nach ihrem Wirtschaftsstudium an der Universität Vaasa nach Österreich gebracht. Hier hat sie seit Beginn ihrer Dissertation zum Thema Wachstumsstrategien in Familienunternehmen in Forschung und Lehre gearbeitet. Seit Abschluss ihrer Dissertation ist sie im Studienbereich Management & Entrepreneurship an der FH Wien der Wirtschaftskammer Wien tätig und forscht im Bereich Family-Business. Dabei geht es um Familienunternehmen und für sie relevante Themen wie Innovation, Mergers & Acquisitions, also Zusammenschlüsse und Übernahmen von Familienunternehmen, sowie Generationsübergabe.

Traditionelle Modelle umgekrempelt

Seit 13 Jahren arbeitet Worek nun an einer Längsschnittstudie zu Geschäftsmodell-Innovation in Familienunternehmen und sammelt dazu Daten aus Interviews und Forschungskooperationen. In dieser Untersuchung drehe sich alles um ein produzierendes Unternehmen in der Forstwirtschaft, das Dienstleistungen und Automationen von Prozessen zu Produkten entwickle, da die Branche ganz klar in diese Richtung gehe, schildert sie. Dabei werde das traditionelle Geschäftsmodell neu erfunden – und das nicht ohne Probleme. Das Unternehmen hätte sich dabei komplett neu aufzustellen, der Kern jedoch solle erhalten bleiben: „Da geht es hauptsächlich um eine neue Identität als Unternehmen sowie darum, neue Strukturen zu finden. Wenn aber eine vierköpfige Familie, mit vier verschiedenen Meinungen, dahinter steht, dann passieren Entscheidungen nicht über Nacht“, so Worek. Sie befasst sich mit Spannungsfeldern, die bei so einer Geschäftsmodell-Innovation entstehen können und darum, wie das Unternehmen mit ihnen umgeht. Außerdem forscht Maija Worek zu künstlicher Intelligenz (KI). „Bei einer Studie über KI stellte sich heraus, dass Familienunternehmen zwar vorsichtiger vorgehen und oft nicht als Erstes mit disruptiven Technologien arbeiten möchten, bei Bedarf jedoch recht schnell in der Umsetzung handeln“, erklärt die Forscherin.

Am meisten beeindruckt Worek, wie deutlich Gründerinnen oder Gründer ein Unternehmen auch nach ihrem Tod prägen. „Man erkennt sehr häufig, wie stark ein Charakter auch nach Jahrzehnten in einem Betrieb nachhallt“, so Worek. So seien es immer noch die Anekdoten alter Autoritäten, die sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu erzählen wüssten. Es sei viel wert für ein Unternehmen, wenn Traditionen und Werte im Betrieb weiterleben können. Denn, so ist sie überzeugt, nicht alles könne man an Zahlen und Werten messen: Für manch andere Forschende sei so etwas wie sozioemotionales Kapital, also nicht finanzielle Managementaspekte wie Reputation und Einfluss der Familie, oft schwierig nachzuvollziehen. Worek findet, diese zeichneten Familienunternehmen aber aus. Ein Generationswechsel in Familienunternehmen und die hohe emotionale Verbundenheit seien deswegen oft an große Herausforderungen geknüpft – auch in der Forschung.

Worek ist aber nicht nur beruflich mit Familienunternehmen vertraut. „Ich erlebe es auch im Unternehmen der sechsten Generation meines Mannes, wie sehr der Generationswechsel Thema ist“, sagt sie. Der dreifachen Mutter ist es wichtig, neben dem Schreiben von Papers die Praxis zu kennen und mit ihrer Arbeit eine Brücke zwischen beiden Welten zu schlagen. Ideen kommen ihr dabei oft beim Laufen. Das sei wie Meditation und Problemlösung gleichzeitig. Und eines freut Maija Worek besonders: dass die Familienunternehmensforschung in der Wissenschaft Fuß gefasst hat und keine Nische mehr ist wie noch vor wenigen Jahren.

Zur Person

Maija Worek (37) studierte Wirtschaft an der Universität Vaasa in Finnland, promovierte im Fach Management an der Universität Innsbruck und arbeitet aktuell an der FH Wien der WKW im Studienbereich Management & Entrepreneurship. Aktuell forscht sie an Projekten zu künstlicher Intelligenz, Geschäftsmodellinnovation und zur seriellen Akquisition in Familienunternehmen.

Alle Beiträge unter: www.diepresse.com/jungeforschung

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.06.2023)

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