Wort der Woche

Das Rauchen von Tabak wird – aus guten Gründen – heftig bekämpft

Doch die alte Kulturpflanze könnte auch eine Fundgrubefür medizinische Anwendungen sein.

Tabak ist die am weitesten verbreitete nicht-essbare Feldfrucht der Welt: In 124 Ländern wachsen die beiden Kulturarten Nicotiana tabacum und Nicotiana rustica auf rund 3,2 Mio. Hektar Ackerland, v. a. in Amerika (Brasilien, USA), Asien (China, Indonesien, Indien) und zunehmend in Afrika.

Ursprünglich in Mittel- und Südamerika für rituelle und medizinische Zwecke genutzt, wurde Tabak ab dem 17. Jahrhundert, ausgehend von Europa, zu einer weltweit genutzten Rauchdroge. Die Habsburgermonarchie zählte einst zu den wichtigsten Anbauländern, und auch in der Republik Österreich war das Gewächs lange Zeit wichtig – in den 1950er-Jahren pflanzten 2000 Landwirte 500 Hektar Tabak an. Diese Tradition ging 2005 jäh zu Ende, als die privatisierte Austria Tabak den Einkauf heimischer Rohstoffe einstellte. Heute gibt es nur kleinste Bio-Anbauflächen unter einem Hektar.

Dass Tabakrauchen ungesund ist, bedarf keiner gesonderten Erläuterungen – laut WHO sterben jährlich acht Mio. Menschen daran. Gesundheitsbehörden kämpfen dagegen (vielfach erfolgreich) an, die Tabakindustrie ist derzeit auf dem Rückzug: So wurde jüngst etwa verkündet, dass die weltweit beliebteste Zigarettenmarke – benannt nach einer noblen Londoner Straße – eingestellt werden soll.

Die WHO hat diese Woche anlässlich des Weltnichtrauchertages weitere Argumente gegen Tabak aus dem Köcher gezogen: Der Anbau ist sehr umweltschädlich – Tabak benötigt viel Wasser, Boden, Dünger und Pflanzenschutzmittel, was mit hohen CO2-Emissionen einhergeht (jährlich 84 Mio. Tonnen, also mehr als Österreichs Treibhausgasausstoß). Die WHO ruft dazu auf, anstelle von Tabak Nahrungsmittel anzupflanzen: Auf einer Fläche, die eine Tonnen grünen Tabak hervorbringt, könnte man z. B. sechs Tonnen Paradeiser ernten – bei deutlich geringerem Wasserverbrauch.
Trotz der aktuellen Verteufelung von Tabak sind manche Forschende der Meinung, dass man sich die Pflanze genauer ansehen sollte, und zwar hinsichtlich ihrer medizinischen Eigenschaften. So haben kürzlich Schweizer Medizinerinnen um Ilana Berlowitz (Uni Zürich) die Behandlung einer psychisch kranken Frau durch einen Maestro Tabaqueo, einen traditionellen Heiler im peruanischen Amazonasbecken, wissenschaftlich begleitet (Plants 12, 346). Das Ergebnis: Der Extrakt von Tabakblättern brachte deutliche Verbesserungen von Depressionen und Angstzuständen.

Der Autor leitete das Forschungsressort der „Presse“ und ist Wissenschaftskommunikator am AIT.

meinung@diepresse.com

www.diepresse.com/wortderwoche

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.