Der Kreml-Chef setzt darauf, dass der Westen irgendwann kriegsmüde wird und die Ukraine fallen lässt. Er wartet auf seine Chance – und wirkt dadurch seltsam passiv. Innenpolitisch könnte das für Wladimir Putin gefährlich werden, denn inzwischen sind neue Figuren aufgetaucht, die sich als starke Männer inszenieren.
Am Donnerstag war Russland in heller Aufregung, wie oft in diesen Wochen. Wieder einmal war das Land angegriffen worden. Nach den Drohnenattacken auf Moskau, dem Einmarsch von Anti-Putin-Kämpfern in Grenzdörfer und den Anschlägen auf patriotische Aktivisten traf es nun Schebekino. In dem Städtchen im Gebiet Belgorod, nahe der ukrainischen Grenze, stand ein mehrstöckiges Gebäude in Flammen. Aus der Ukraine abgefeuerte Grad-Raketen sollen den Brand verursacht haben. In Schebekino wurden einige Gebäude zerstört. Mehrere Menschen wurden verletzt. Stadtbewohner brachten sich in Sicherheit. Es ist nicht der erste mutmaßliche Beschuss in der Grenzregion. Aber dieses Mal traf er das Zentrum einer mehr als 40.000 Einwohner zählenden Stadt.
Russische Nachrichtenagenturen liefen heiß. Soziale Medien veröffentlichten Augenzeugenberichte verstörter Bewohner. „Die ukrainische Armee bombardiert eine russische Stadt auf russischem Territorium“, sagte eine Frau aufgelöst. Der von Wladimir Putin angezettelte Krieg trifft die Russen nun immer öfter. Bisher haben fast ausschließlich ukrainische Zivilisten unter der entfesselten Gewalt gelitten. Nun kehrt der Krieg dahin zurück, wo er herkam: nach Russland.