"The Daily": Rupert Murdochs Spielzeugzeitung

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Mit großer Geste präsentierte der US-australische Medientycoon Rupert Murdoch seine Innovation: ein tägliches News-Magazin mit bestechend schönen Fotos, Videos, interaktiven Elementen - und knappen Texten.

Für eine ganze Stunde unterbrach Fox News seine Krisenberichterstattung über die Revolution in Ägypten. Es gab Wichtigeres zu vermelden. Während in Kairo Knüppel auf die Demonstranten niedersausten, verkündete der US-australische Medientycoon Rupert Murdoch – der Eigentümer von Fox News – im New Yorker Guggenheim-Museum eine technologische Revolution: die erste Online-Tageszeitung, die auf den iPad, das Computer-Tablet von Apple, zugeschnitten ist.

Ganz an Ägypten kam indes auch „The Daily“ nicht vorbei. Unter dem Titel „Der Fall des Pharao“ illustrierte ein Foto die Symbolik des Volksaufstands: ein junger Mann hockt auf dem Kopf einer Löwenstatue und schwingt die ägyptische Fahne. Mit ähnlich großer Geste präsentierte der 79-jährige Murdoch seine Innovation, sein jüngstes Liebkind, das ursprünglich einen anderen Namen tragen sollte.

„The Daily Planet“ – eine Anspielung auf die fiktive Zeitung, bei der sich Superman alias Clark Kent als Lohnschreiber verdingt – hätte die weltumspannenden Ambitionen des Medientycoons mit Zeitungen und TV-Stationen auf vier Kontinenten weit besser getroffen. Doch das Comics-Label DC rückte das Copyright nicht heraus. Und eigentlich hätte auch Apple-Chef Steven Jobs, der Superman der Computerbranche, an der Seite Murdochs das gemeinsame Baby aus der Taufe heben sollen. Aufgrund des krankheitsbedingten Ausfalls des Hightech-Gurus verschob sich der Vorstellungstermin um zwei Wochen, und statt Jobs erschien nun Apple-Vizepräsident Eddy Cue.

Neuer Journalismus

An pompösen Worten fehlte es im Foyer des Guggenheim-Museums dennoch nicht. Es sollte schließlich auch um nichts weniger gehen als um den State of the Art, um eine medientechnologische Avantgarde. Nicht nur, dass Murdoch die Verdienste seines Mitstreiters Steven Jobs würdigte – er proklamierte auch gleich eine neue Ära, die Neuerfindung des Journalismus: „Neue Zeiten erfordern einen neuen Journalismus.“

Vorbei die Tage, da Druck und Vertrieb Millionensummen verschlangen. Ein Druck auf eine Taste, und schon erscheint das bunt schillernde News-Magazin als Applikation auf dem Bildschirm der iPad-Nutzer – es ist vorerst nur auf dem britischen und US-Markt beziehbar. 15 Millionen iPads hat Apple seit der Einführung vor neun Monaten abgesetzt, 55 Millionen sollen laut Schätzung heuer dazukommen.

„Unsere Ambitionen sind groß, und unsere Kosten sind ziemlich niedrig“, erklärte Murdoch, der 30 Millionen Dollar in das Projekt investiert hat. Die Abo-Kosten für „The Daily“ belaufen sich auf 14 Cent pro Tag und 40 Dollar im Jahr. Rund 100 Mitarbeiter, zu einem Gutteil von Murdochs Boulevardblatt „New York Post“ rekrutiert, erstellen das Online-Produkt mit einem Umfang von bis zu 100 Seiten. Ob sich das Modell auch rechnet, ist völlig offen. Immerhin kassiert Apple 30 Prozent der Gebühren. Die Medienbranche beobachtet Murdochs Pilotprojekt mit Spannung, hat aber ihre anfangs hochgesteckten Hoffnungen gedämpft.

„The Daily“ glänzt mit bestechend klaren Fotos, mit Videos, interaktiven Elementen und seiner optischen Aufmachung. Wie in den traditionellen Printmedien gibt es Kreuzworträtsel und Sudokus, es gibt Links zu Twitter und Facebook. Überhaupt lädt das Design zur spielerischen Anwendung ein – eine Spielzeugzeitung für eine Generation, die mit Computerspielen und dem Laptop aufgewachsen ist.

Ansonsten unterschied sich die erste Ausgabe mit ihrem Allerlei aus Sport (Super Bowl), Tratsch (Natalie Portman), Mode und ein wenig Politik sowie den knappen Texten kaum von anderen Boulevardzeitungen des Murdoch-Imperiums. Es fehlt freilich der Nackedei aus der britischen „Sun“; und die strikt konservative Blattlinie erscheint im Editorial durch ein Bekenntnis zu einer sanften Immigrationsreform und zu moderaten Umweltgesetzen deutlich abgemildert.

Google versus Apple, Seite 16

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.02.2011)

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