Interview: "Vom Abstrakten zum Praktischen"

Der naturwissenschaftliche Unterricht braucht eine Reform. Die finnische Bildungssexpertin Arja Kaasinen fordert mehr Praxisbezug.

Warum denken sie, dass Mathematik und Naturwissenschaften derart unbeliebt sind?
Vielleicht hängt es mit unserem Schulsystem zusammen. Oft fehlen gut organisierte und spannende Experimente. Naturwissenschaften sind Wissenschaften der Natur und des Lebens und deshalb sollten sie auch tatsächlich Erfahrungen bringen, die einen Bezug zum täglichen Leben haben. Der übliche naturwissenschaftliche Unterricht ist für die Schüler oft zu abstrakt. Und gerade dann fällt es den Schülern schwer zu verstehen, warum sie Mathematik eigentlich brauchen, oder warum sie gewisse physikalische Zusammenhänge verstehen müssen.

Kann man den naturwissenschaftlichen Unterricht näher an das tägliche Leben anlehnen?

Ich glaube, dass das sehr wohl möglich ist. Es sollte in jeder Schulstunde besprochen werden, wie der gelernte Stoff im täglichen Leben gebraucht werden kann. Das Ganze muss vom Abstrakten zum Praktischen werden.

In Österreich werden Naturwissenschaftliche und Technische Fächer kurz vor der Studienwahl beworben, ist es da nicht schon zu spät?
Es ist nie zu spät, aber natürlich wäre es besser, die Kinder schon früher zu fördern. Schon im Kindergarten sollten sie für Naturwissenschaften begeistert werden. Gerade wenn die Kinder jung sind, sind sie wahnsinnig neugierig. In den frühen Kindheitsjahren müssen wir nicht einmal viel beitragen, um die Kinder für Naturwissenschaften zu begeistern.

Warum verlieren die Kinder ihre Neugierde?

Das ist schwierig zu sagen. Vielleicht liegt es tatsächlich daran, dass wir das Fach zu theoretisch präsentieren. Die Kinder müssten das Ganze "hands on" erleben.

In Österreich ist es salonfähig schlecht in Mathe oder Naturwissenschaften zu sein. Wie ist das in Finnland?
Ich glaube in Finnland ist das anders. Wir reagieren sehr schnell, wenn ein Kind Defizite in Mathematik oder Naturwissenschaften hat. Außerdem bindet unser Schulsystem die Eltern sehr stark mit ein. Die Schulen arbeiten mit den Eltern zusammen. Als Lehrer versucht man, fast täglich mit den Eltern in Kontakt zu kommen.

Wie ist es möglich, dass Eltern und Lehrer fast täglich in Kontakt sind?
Wir haben ein eigenes Internetsystem, in dem die Lehrer den Eltern e-Mails schreiben können, um ihnen mitzuteilen was in der Schule passiert. Hat ein Kind großen Aufholbedarf, dann werden die Lehrer sofort informiert. Die Lehrer können die Eltern auf diesem Weg bitten, mit ihrem Kind über gewisse Probleme zu sprechen.

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