Nach dem Abgang von zu Guttenberg hat Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) schnell gehandelt: Thomas de Maizière wird neuer Verteidigungsminister. Hans-Peter Friedrich übernimmt das Innenministerium.
Berlin. Nach dem Rücktritt ihres Verteidigungsministers Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) hat Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) schnell gehandelt: Bereits Mittwochvormittag stand als Nachfolger der bisherige Innenminister Thomas de Maizière (CDU) fest, auf dessen Posten der Berliner CSU-Landesgruppenvorsitzende Hans-Peter Friedrich nachrückt. Trotz des Ressortwechsels bleibt damit die kabinettsinterne Machtbalance zwischen den beiden Schwesterparteien gewahrt.
Der deutsche Bundespräsident Christian Wulff ernannte am Donnerstag-Vormittag die beiden neuen Minister; Guttenberg wurde aus seinem Amt entlassen. Nach Angaben der Bundestagsverwaltung teilte Guttenberg in einem Brief an Bundestagspräsident Norbert Lammert mit, dass er ab Donnerstag auf sein Abgeordnetenmandat verzichten werde.
Die Bundeskanzlerin beantwortete am Mittwoch in einem kurzen Briefing nur drei Fragen. Bei dem Presseauftritt gemeinsam mit ihrem österreichischen Amtskollegen Werner Faymann zwei Stunden davor hatte sie sich zur Causa Guttenberg und der daraus resultierenden Kabinettsumbildung gar nicht äußern wollen. Für die Union gilt es jetzt, möglichst schnell zur Tagesordnung zurückzukehren und sich auf den Wahlkampf in Sachsen-Anhalt, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz zu konzentrieren.
Gegentypus zu Guttenberg
Der besonnene, geradlinige und zurückhaltende Thomas de Maizière (57) wirkt als Typus genau wie das Gegenteil seines Vorgängers Guttenberg. Schillernde Medienpräsenz ist seine Sache nicht, im politischen Geschäft gilt er als alter Hase und enger Vertrauter der Kanzlerin. Die beiden kennen einander seit 1990, als Merkel Pressesprecherin des Demokratischen Aufbruchs war und de Maizière CDU-Sprecher in West-Berlin. Er wurde Berater seines Cousins Lothar de Maizière, des letzten DDR-Ministerpräsidenten, Merkel DDR-Vize-Regierungssprecherin. Aus der täglichen Begegnung sei ein Verhältnis „tiefen Vertrauens" erwachsen, sagte de Maizière einmal.
Nachdem er ab 1990 in mehreren ostdeutschen Landesregierungen diverse Ämter bekleidet hatte, holte Merkel de Maizière 2005 in die Bundespolitik, in der er in der Großen Koalition die Schlüsselfunktion des Kanzleramtschefs übernahm. Nach der Bundestagswahl 2009 wurde er in Nachfolge von Schäuble Innenminister der schwarz-gelben Regierung. De Maizière wird zugetraut, dass er die schwierige Bundeswehrreform umsetzen kann. Direkte Erfahrungen in der Militärpolitik bringt er zwar nicht mit. Sein Vater Ulrich de Maizière war aber immerhin Berufsoffizier und als Generalinspekteur von 1966 bis 1972 oberster Soldat der Bundesrepublik.
Merkel sieht die geplante Bundeswehrreform durch den Wechsel nicht gefährdet. Trotz Problemen bei der Finanzierung und bei der Anwerbung von Freiwilligen werde das Reformkonzept wie geplant umgesetzt. Zuvor hatte SPD-Chef Sigmar Gabriel gefordert, die Reform auszusetzen, „bis die entscheidenden Fragen geklärt sind". Auch der Bundeswehrverband sprach sich dafür aus, den Wechsel an der Spitze für eine Bestandsaufnahme der Reform zu nützen, die eine „Großbaustelle" sei.
Ähnlich wie de Maizière gilt auch der neue Innenminister, Friedrich (53) als besonnen, sachlich und eher hinter den Kulissen agierend. Er ist Jurist, arbeitete ab 1988 im Wirtschaftsministerium, dann in der Wirtschaftsabteilung der deutschen Botschaft in Washington. Ab Anfang der 90er-Jahre war er Mitarbeiter der CSU-Landesgruppe, 1998 rückte er als Abgeordneter in den Bundestag ein, 2009 wurde er zum Vorsitzenden der CSU-Landesgruppe gewählt.
Staatsanwaltschaft ermittelt
Im Internet machen Anhänger Guttenbergs mobil. Eine nach dem Rücktritt eingerichtete Facebook-Seite mit dem Titel „Wir wollen Guttenberg zurück" wurde bis Mittwochnachmittag von mehr als 380.000 Fans unterstützt. Die Gruppe will „ein Zeichen setzen, dass er trotz seines Fehlers in der Politik bleiben muss/soll/kann".
Auch in der Union erwachten schnell erste Hoffnungen auf ein baldiges Comeback des gefallenen Shootingstars. Mehrere Vertreter von CSU und CDU erklärten, Guttenberg habe eine zweite Chance verdient.
Vorerst droht dem Freiherrn allerdings neues Ungemach: Die Staatsanwaltschaft hat am Mittwoch die Einleitung von Ermittlungen angekündigt. Es könnte eine strafrechtlich relevante Urheberrechtsverletzung vorliegen, so die Behörde. Wenn Guttenberg wie angekündigt auch sein Bundestagsmandat niederlegt, genießt er nicht länger Immunität.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 3. März 2011)