„Energie-Checks“ für Firmen werden Pflicht

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Die EU will heimischen Betrieben erstmals regelmäßige „Energie-Prüfungen“ vorschreiben. Harte Varianten sind vorerst vom Tisch. Die Industrie signalisiert Kooperationsbereitschaft.

Wien/Auer. Damit die ehrgeizigen Klimaschutzziele der EU erreicht werden, soll die Energieeffizienz in Europa bis 2020 um ein Fünftel steigen. Darauf einigten sich die Regierungschefs der Union im Jahr 2007. Heute sind sie weit davon entfernt (siehe Grafik). Obwohl Brüssel Autos und Haushalte als hauptsächliche Energieverschwender ausgemacht hat, soll nun auch die Industrie einen größeren Beitrag leisten als bisher.

So fordert Energiekommissar Günther Oettinger etwa in seinem Aktionsplan, den er am Dienstag vorgelegt hat, verpflichtende „Energie-Prüfungen“ für alle größeren Unternehmen. Damit wären auch heimische Firmen erstmals gezwungen, ihren Energieverbrauch systematisch zu erfassen und gegebenenfalls zu drosseln.

Von den Horrorszenarien, die Industrievertreter im Vorfeld gezeichnet hatten, ist im vorliegenden Entwurf allerdings nur wenig zu sehen. So warnten die Verbände etwa vor einer „Energie-Polizei“, die, von Brüssel geschickt, in Europas Betrieben nach Energiefressern fahnden sollte. „So etwas war nie geplant“, beruhigte eine Oettinger-Sprecherin am Dienstag. Im Vorschlag des Energiekommissars findet sich lediglich die Forderung nach regelmäßigen und verpflichtenden Energie-Audits. Wie diese konkret aussehen sollen und ob sie von unabhängigen Dritten oder den Betrieben selbst durchgeführt werden dürfen, lässt das Papier offen. Ebenso zurückhaltend zeigt sich die Kommission bei Fragen nach konkreten Einsparzielen für die betroffenen Firmen beziehungsweise Sanktionen bei Nichterreichen derselben.

Ob diese „weiche“ Prüf-Variante aus dem Aktionsplan halten wird, dürfte sich erst Anfang Juni zeigen, wenn der Plan in einem Richtlinien-Vorschlag formuliert werden soll. Die Oettinger-Sprecherin wollte nicht ausschließen, dass dann externe Prüfer wieder vorgeschrieben werden könnten.

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„Industrie muss Energieeffizienz leisten“

Die heimische Industrie zeigte sich in einer ersten Reaktion jedenfalls vorsichtig erfreut. „Energieeffizenz ist etwas, was die Industrie leisten muss“, heißt es aus der Industriellenvereinigung. Man müsse aber abwarten, was letztlich in der Richtlinie geschrieben stehe. Österreichs energieintensive Betriebe würden ohnedies durch die Bank Energie-Audits durchführen. „Wenn die EU das Rad neu erfinden will, sind wir skeptisch. Wenn es nur um die Harmonisierung von Industriestandards geht, ist der Vorstoß unterstützenswert“ sagte Dieter Drexel von der IV.

„De-Industrialisierung Europas“

Ungewohnt freundliche Worte aus der Industrie für den Energiekommissar. Dieser hatte der Branche allerdings in den vergangenen Wochen bereits mehrfach den Rücken gestärkt. So erteilte Oettinger etwa dem Ansinnen, das CO2-Reduktionsziel der Europäischen Union von 20 auf 30 Prozent bis 2020 zu erhöhen, zuletzt eine klare Absage. Würde sich Europa alleine zu einem noch ambitionierteren Einsparungsziel verpflichten, werde lediglich die „De-Industrialisierung Europas“ vorangetrieben, warnte er: „Ich glaube, wir brauchen Industrie in Europa, und Industrie heißt auch CO2-Emissionen.“

Die betroffenen Unternehmen sehen sich ohnedies als Vorreiter in Sachen Umweltschutz. Gerade energieintensive Firmen lägen schon rein aus Kostenüberlegungen bei der Energieeffizienz weit vorne, argumentiert die Branche. Tatsächlich haben Österreichs Industriebetriebe ihre Emissionen 2009 stärker zurückgefahren als jeder andere Sektor im Land. Das war zwar sicherlich ein Nebeneffekt des krisenbedingten Produktionsrückgangs, doch auch im langjährigen Vergleich kann sich die Klimaschutzbilanz der Industrie sehen lassen.

Zwar sorgen die Unternehmen hierzulande immer noch für ein gutes Fünftel aller Emissionen. Seit 1990 haben sie ihren CO2-Ausstoß jedoch nur um 6,2 Prozent erhöht. Im Vergleich dazu: Auch der Verkehr ist in Österreich für ein Fünftel aller Emissionen verantwortlich. Seit 1990 schossen die Emissionen in diesem Bereich um die Hälfte nach oben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.03.2011)

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