Karol Wojtyłas Wien

Karol Wojtyas Wien
Karol Wojtyas Wien(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Johannes Paul II. hat Wien drei Mal als Papst besucht. Nicht nur Gedenktafeln und Statuen erinnern an seine Aufenthalte.

Als Papst Johannes Paul II. am 10. September 1983 auf dem Wiener Flughafen aus dem Flugzeug steigt und den Boden küsst, sagt der damalige Bundespräsident Rudolf Kirchschläger: „Dieser österreichische Boden ist über lange Abschnitte seiner Geschichte eine mit Blut getränkte Erde gewesen.“ Es wird nicht der einzige Hinweis auf die Geschichte des Landes bleiben. Der Papst stattet Österreich 1983 zum ersten Mal einen offiziellen Besuch ab, und schon seine Anwesenheit ist ein historischer Augenblick. Das letzte (und erste) Mal, dass ein Papst Österreich besuchte, war im 18. Jahrhundert: Papst Pius VI.

Während seines Aufenthalts hat Johannes Paul II. einen strengen Zeitplan. Er weilt vom 10. bis 13.September in Wien und Mariazell, hält Gottesdienste ab, trifft Geistliche, Diplomaten, Politiker, Landsleute aus Polen. „An diesem Abend gehören Sie uns“, sagt der damalige Jugendbischof Egon Kapellari zum Papst, als dieser am Tag seiner Ankunft im Wiener Stadion der „Jugendbegegnung“ beiwohnt. „Am Abend ja, aber nicht die ganze Nacht“, lautet die Antwort des Papstes. Viele Jugendliche nehmen ihn nicht beim Wort und machen sich nach der Begegnung auf den Weg zur Apostolischen Nuntiatur in der Theresianumgasse, wo der Papst während seines Besuches wohnt. „Johannes Paul der Zweite, wir stehen dir zur Seite“, skandieren sie. Mehrmals zeigt sich der Papst auf dem Balkon, singt mit den Jugendlichen – und weist später auf seine Müdigkeit hin: „Jetzt ist aber Zeit zum Schlafengehen.“

In der Nuntiatur wohnt der Papst auch bei seinen zwei weiteren Besuchen in Österreich. Eine Gedenktafel hinter dem Eingangstor erinnert heute daran. Gleich gegenüber der Tafel befindet sich die hauseigene Kapelle, wo der Papst regelmäßig betet.

Auf dem Programm steht auch eine Festmesse im Donaupark, wo zuvor ein 40 Meter hohes „Papstkreuz“ errichtet wurde. Das Donaupark-Gelände sei eigentlich eine Müllhalde gewesen, erzählt Franz Hummer. Der Theologe und ehemalige „Kathpress“-Redakteur organisiert damals die drei Papstbesuche. Der Park wurde zwar verschönert, gewälzt und besät – „allerdings nicht genug“. Denn während der Messe fängt es an zu regnen, der Boden verwandelt sich in Matsch. Zudem sind viele Besucher sommerlich gekleidet, hat doch tags zuvor noch die Sonne gescheint. Mindestens zwei Stunden verharren die 350.000 Gläubigen im Regen.

Der Papst besucht auch die St. Josefskirche auf dem Kahlenberg in Döbling. Es ist wieder ein historischer Augenblick: Hier begann während der Zweiten Türkenbelagerung die siegreiche Schlacht des christlichen Heeres über die Osmanen – und zwar am 12.September 1683. Nun, 300 Jahre später, weiht der Papst die Kapelle ein, wie heute auf der Gedenktafel vor der Kirche zu lesen ist.

»Papales Chaos«. Die Stadt befindet sich teilweise im Ausnahmezustand. In zeitgenössischen Reportagen ist vom „papalen Chaos“ die Rede; um den Besucherstrom in den Griff zu bekommen, werden 400 Zugwaggons aus dem Ausland ausgeliehen. Bisweilen lockert man sogar die Restriktionen für Visa; noch trennt schließlich der „Eiserne Vorhang“ Ost und West.

Auf den Straßen Wiens verteilen die verschiedenen Diözesen Würstel und Brot. Besonders viel los ist vor der polnischen Gardekirche am Rennweg. Dort stehen unter anderem vier Polen im Sportdress und zeigen auf ihr Vier-Mann-Rad. Sie haben sich eine Aktion ausgedacht: Mit dem Fahrrad sind sie von Rom nach Wien gefahren. In Erinnerung an die Papstbesuche lässt die polnische Gemeinde im Jahr 2001 vor der Kirche eine Statue Johannes PaulsII. errichten.

Den Papstbesuch zu organisieren sei ein – bisweilen kräftezehrender – Fulltime-Job gewesen, erzählt Hummer. Nicht nur die offiziellen, großen Auftritte galt es penibel zu planen, sondern auch die kleinen. So muss Johannes Paul II. während seines Besuchs im Jahr 1988 zwischen zwei Terminen von einer Limousine in das Papamobil umsteigen – mitten in der Stadt. Damit dieser „Wechsel“ keine nüchterne Angelegenheit wird, habe man inszeniert, so Hummer. Als Ort wählt er die Marienbrücke auf dem Schwedenplatz aus, auf der eine Marienstatue angebracht ist. In Anwesenheit von Schaulustigen und Vertretern des Wiener Rathauses steigt der Papst aus der Limousine, schreitet zur Marienstatue, wo er kurz betet, besteigt anschließend das Papamobil und fährt zum Gottesdienst in den Stephansdom.

Seligsprechung auf dem Heldenplatz. Der Gottesdienst ist sein einziger offizieller Auftritt in Wien (23. bis 27. Juni). Anschließend fährt der Papst nach Eisenstadt, Lorch/Enns, Gurk, Salzburg und Innsbruck, er besucht auch das Konzentrationslager Mauthausen.

Bei seinem dritten Österreich-Besuch (19. bis 21. Juni) ist Wien hingegen – nach Salzburg und St. Pölten – Endstation. Auf dem Heldenplatz spricht er die Priester Jakob Franz Alexander Kern und Anton Maria Schwartz sowie die Ordensschwester Maria Restituta Kafka selig. Heute, Sonntag, wird Johannes Paul II. in Rom selbst seliggesprochen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.05.2011)

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