Die Angst des Schiedsrichters vor José Mourinho

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Real Madrid erweist sich nach dem Aus im Champions-League-Halbfinale gegen Barcelona als schlechter Verlierer. Die Kritik am Referee ist fast so peinlich wie die spielerische Unterlegenheit gegen Messi und Co.

Wien. José Mourinho hat bei Real Madrid ganze Arbeit geleistet. Nicht auf dem Fußballfeld, sondern in den Köpfen seiner Spieler. Nach dem klaren Ausscheiden im Champions-League-Halbfinale gegen Erzrivale Barcelona gaben Cristiano Ronaldo und Torwart Iker Casillas den Schiedsrichtern die Schuld am Ausscheiden. Sowohl der Deutsche Wolfgang Stark im Hinspiel als auch der Belgier Frank de Bleeckere hätten Real klar benachteiligt.

„Im nächsten Jahr können sie Barça gleich die Trophäe geben“, jammerte Ronaldo trotzig. „Wir wussten, dass wir auch hier gewinnen können, aber der Schiedsrichter hat es nicht zugelassen“, sagte er nach dem 1:1 im Nou Camp (0:2 endete das Hinspiel in Madrid). Es ist ein aberkanntes Tor von Higuian beim Stand von 0:0 in der 47.Minute, das die Madrilenen derart empört. Ronaldo hatte sich in der Mitte durchgetankt, kam ins Straucheln und konnte noch im Fallen an Higuian abspielen. Der Argentinier bezwang Barça-Schlussmann Valdes. Doch Schiedsrichter De Bleeckere pfiff ein Foul von Ronaldo und annullierte den Treffer. Ronaldo hatte nämlich im Fallen Verteidiger Mascherano mitgerissen. Keine Absicht, zweifelsohne. Aber nur so kam Higuian ungehindert zum Schuss. Der Pfiff ist absolut vertretbar. Auch wenn der eine oder andere (englische) Referee diesen Treffer womöglich gegeben hätte, von einer Fehlentscheidung zu sprechen, ist nicht angebracht.

Es mutet geradezu grotesk an, dass ausgerechnet Schwalbenkönig Cristiano Ronaldo dem vom FC Liverpool zu Barça gewechselten Javier Mascherano ausrichtet: „In England wäre er nicht zu Boden gegangen, aber hier hat er die schlechte Angewohnheit von den anderen übernommen.“

„Wir fühlen uns betrogen“

Doch was tun, wenn die Schmach groß und die Enttäuschung noch größer ist? Selbstkritik üben, wäre ein guter Weg. Aber dieses Wort steht eben nicht auf dem Trainingsplan eines José Mourinho. Und so wetterte Real-Kapitän Iker Casillas: „Wir verlassen erhobenen Hauptes das Stadion, aber wir fühlen uns betrogen.“

Betrogen? Barcelona war in beiden Spielen die klar bessere Mannschaft, alles andere als ein Einzug der Katalanen ins Champions-League-Finale wäre eine Verhöhnung des Fußballs gewesen. Das 1:1 vom Dienstagabend ist für Real mehr als schmeichelhaft. Barcelona hatte kurz vor der Pause Torchancen im Minutentakt, spielte bei strömendem Regen großartigen Kombinationsfußball, scheiterte aber an Iker Casillas. Lionel Messi gab neuerlich eine Galavorstellung.

Es war der vierte „Clásico“, den die Fußballwelt innerhalb von 18 Tagen zu sehen bekam. In der Meisterschaft gab es in Madrid ein 1:1, den spanischen Cup holte Real (1:0 in der Verlängerung), und nun siegte Barcelona. Die ausgeglichene Bilanz spiegelt den Niveauunterschied der beiden Klubs in keiner Weise wider.

Real spielt hässlich

Mag José Mourinhos Triumph mit Inter Mailand im Vorjahr für Fußball-Ästheten schon schwer verdaulich gewesen sein, so war es trotzdem ein Erfolg eines strategischen Konzepts. Inter spielte effizient und konsequent. Reals Strategie gegen Barcelona schien in erster Linie auf Zerstören abzuzielen. Der Ausschluss von Pepe im Hinspiel war völlig berechtigt. Der Portugiese hatte Barcelona-Abwehrspieler Dani Alves mit gestrecktem Bein attackiert. Auf eine Art, die eine schwere Verletzung des Gegenspielers in Kauf nimmt. Referee Stark zückte Rot – und natürlich war dies eine Vorentscheidung. Denn mit einem Mann weniger war Real chancenlos.

Und De Bleeckere? Der war Mourinho schon vor dem Spiel suspekt. Der Belgier hatte nämlich im Vorjahr ebenfalls im Camp Nou die Halbfinalpartie Barcelona gegen Inter geleitet und Inter-Spieler Motta mit Rot vom Platz gestellt.

Nun hielt sich De Bleeckere auffällig zurück. Denn auch diesmal hätte er Real-Verteidiger Ricardo Carvalho schon vor dem Pausenpfiff ausschließen können, ja wenn nicht sogar müssen. Nach dem 1:0 durch Pedro Rodriguez (54.) packte Real wieder die Messer aus. Diarra säbelte Messi nieder, war mit Gelb gut bedient und hätte nach weiteren schweren Fouls ebenfalls vom Platz fliegen müssen. Auch Marcelo, Torschütze zum 1:1 (64.), sah nach einem derben Foul an Messi (76.) nur Gelb. Es hatte den Anschein, als hätten die Drohgebärden gefruchtet. Der erfahrene Referee Frank De Bleeckere hatte offensichtlich Angst vor dem Zorn Mourinhos.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.05.2011)

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