Shoppingcenter: Am Bedarf vorbei

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Ein Immobilienhype trieb bis zur Krise den Markt im Osten an. Die Ernüchterung hat sich eingestellt – heute sind statt Geschwindigkeit nachhaltige Konzepte gefragt.

Es war nur Fiktion und keine Realität: So lässt sich die Shoppingcenter-Entwicklung bei unseren östlichen Nachbarn bis zur Krise beschreiben. Sie basierte auf der Annahme, dass die Wirtschaft in Osteuropa in den nächsten Jahrzehnten kontinuierlich weiterwachsen würde. Nicht nur in CEE und SEE „war man offenbar vom ,Immohype‘ und zu wenig vom Bedarf getrieben“, so Architekt Christoph M. Achammer, Partner und CEO von ATP Architekten und Ingenieure, rückblickend.

Grundsätzliche Fehler

Doch es kam zu einem massiven Einbruch. Im Jahr 2007 wurden noch rund 270 Projekte im CEE-/SEE-Raum realisiert. Im vergangenen Jahr waren es nur mehr rund 150. Oftmals wurden grundsätzliche Fehler in der Entwicklung gemacht: Die Developer investierten an zweit- oder drittklassigen Standorten. Die Projekte waren oft in Bezug auf Mall-Führung, Verkehrsanbindung und Shopgrößen mangelhaft geplant. Viele Mieter entschieden nicht nach Lage und Qualität der Einkaufszentren, sondern nach Geschwindigkeit der Umsetzung. Doch das rächt sich jetzt. „Die nachhaltige Überlebensfähigkeit bei vielen Shoppingcentern ist fraglich“, so Peter Wendlinger, Geschäftsführer für Immobilienfinanzierungen der Hypo NOE Gruppe: „Es gibt viele Projekte die ,on hold‘ stehen, und es ist zweifelhaft, ob sie umgesetzt werden.“

Ein typisches Beispiel dafür ist der Markt in Kroatien, speziell in der Hauptstadt Zagreb. Während der Durchschnitt in der EU bei 220Quadratmeter Shoppingcenterfläche pro 1000 Einwohner liegt, sind es in Zagreb 600 Quadratmeter. „Der Markt ist gesättigt“, erklärt Vjekoslav Knezevic, Geschäftsführer Realis Aura Zagreb: „Die zwei in Bau befindlichen Shoppingcenter werden sich trotz Vorverwertung neu positionieren und zusätzliche USPs anbieten müssen.“ Die Realisierung von den in der Pipeline befindlichen Shoppingcentern wie Metropolis Zagreb West, Phoenix Zagreb East oder LSP Zagreb SouthEast ist daher ungewiss.

Schwierige Rahmenbedingungen

Neben der großen Konkurrenz sind auch die Rahmenbedingungen derzeit relativ schlecht. „Gesunkene Kaufkraft und der daraus resultierende Umsatzeinbruch bei den Handelsunternehmen führen zu Mietzinssenkungen bzw. haben Incentives und kürzere Mietverträge zur Folge“, erklärt Knezevic die Marktsituation.

Ein weiteres Problem für die Developer liegt in der Finanzierung, „die massiv eingeschränkt sein wird“, so Wendlinger. Die Hypo NOE Gruppe finanziert zwar, aber der Auswahlmodus ist extrem konservativ. Wendlinger: „Wir haben uns in allen CEE-/SEE-Ländern die Development Pipeline angesehen. Wenn wir ein Projekt finanzieren, dann nehmen wir das nachhaltigste und beste.“

Wettbewerb der Ideen

Wobei es für Wendlinger egal ist, ob es sich um ein Shoppingcenter in der Hauptstadt handelt oder in Zweit- oder Drittstädten. Das Center muss ein Konzept haben, wie es Sparkassen-Immo-AG-Vorstand Friedrich Wachernig ausdrückt: „Wir haben den Wettbewerb der Ideen.“ Dass es funktionieren kann, hat die Sparkassen Immo AG bewiesen, die im vergangenen Jahr mit dem Sun Plaza und dem Serdika Center die jeweils größten Einkaufszentren in Bukarest und Sofia eröffnet haben – mit einem Vermietungsstand von knapp 100Prozent. Andere Shoppingcenter mussten in dieser Region mit einem Leerstand von bis zu 50 Prozent ihre Türen öffnen.

Eine schlechte Startposition, da gerade „in den CEE-/SEE-Ländern ein Einkaufszentrum als sozialer Treffpunkt eine noch größere Rolle spielt als zum Beispiel in Österreich“, meint Marcus Wild, CEO von SES Spar European Shopping Centers. Es sei hier wie dort wichtig, einen Ort mit Aufenthaltsqualitäten zu schaffen. Insbesondere trifft das aber in den östlichen Staaten zu, da die Innenstädte noch einen langen Weg der Revitalisierung vor sich haben. Zudem verfügt die Bevölkerung nicht über den „privaten Luxus“ in den eigenen vier Wänden, wie man ihn in den Shoppingcentern findet. „Die Wohnsituation ist allgemein so, dass man gerne seine Zeit auf einem tollen ,Dorfplatz‘ verbringt und auch konsumiert und einkauft“, meint Wachernig. Man geht also nicht nur zum Einkaufen in die Mall.

Obwohl das Serdika Center in Bulgarien eines der größten Shoppingcenter in Südosteuropa ist und das Sun Plaza in Bukarest das größte Einkaufszentrum Rumäniens, setzt auch Wachernig auf den „Meeting Point“-Effekt: „Wir bieten Entertainment und Veranstaltungen, und die Leute erwarten zusätzliche Attraktionen.“

Die richtige Lage steht an erster Stelle, aber „Urbanität, Architektur, Nachhaltigkeit und ein populärer Mieter- und Shoppartner-Mix sind die Erfolgsrezeptur“, erklärt Wild.

Erfolgsrezept Nahversorgung

Ein anderes Erfolgsrezept setzt die Raiffeisen Evolution mit den Ferio-Retail-Centern um: 10.000Quadratmeter groß dienen diese der Nahversorgung in Wohngebieten. „Dort bekommt man alles für den täglichen Bedarf“, skizziert Markus Neurauter, Sprecher der Geschäftsführung der Raiffeisen Evolution. Und er ergänzt: „Nicht für den Wochenendeinkauf.“

Im polnischen Stettin wird das nächste gebaut, dann folgen Center in Rumänien und in der Ukraine. „Die Ferio-Retail-Center sind nicht so konkurrenzanfällig“, so Neurauter. Das wurde unter Beweis gestellt, als die Großmieter auch in den Krisenjahren geblieben sind. Eine rosige Zukunft im Osten sieht Wild allemal: „Wenn in der Retail-Branche Wachstum zu erwarten ist, dann in SEE und CEE.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.05.2011)

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