US-Aufschwung „frustrierend langsam“

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Notenbankchef Ben Bernanke sorgt sich um die Wirtschaft der Vereinigten Staaten. Der Aufschwung sei „frustrierend langsam“. Die Fed will deshalb weiterhin den Markt stützen und die Leitzinsen niedrig belassen.

Wien/Ag/Stef. Wenn Ben Bernanke den Mund aufmacht, hört die Finanzwelt gebannt zu – so auch Dienstagnacht, als der Chef der US-Zentralbank im Bundesstaat Georgia vor die Mikrofone trat. Der Wirtschaftsaufschwung sei „unausgewogen“ und „frustrierend langsam“, sagte der Banker. Der Aktienindex Dow Jones drehte binnen Minuten ins Minus; und auch in Europa gaben die Börsen am Mittwoch deutlich nach.

Tatsächlich warnen bereits viele Ökonomen vor einer neuerlichen US-Rezession, die für die Weltwirtschaft verheerende Folgen hätte. Die Industrie will nicht anspringen, die Arbeitslosigkeit stagniert bei über neun Prozent. Derzeit wächst die Wirtschaft noch langsam – im ersten Quartal mit 0,5Prozent im Vorjahresvergleich. Doch schon in der zweiten Jahreshälfte könnte sich das ändern.

Ben Bernanke will der Konjunktur mit allen Mitteln unter die Arme greifen und wird deshalb auch weiterhin seinem Spitznamen „Helikopter Ben“ alle Ehre machen. Diese Bezeichnung verpasste ihm die Finanzindustrie, nachdem der Zentralbankchef einmal gesagt hatte, notfalls auch Dollarnoten mit dem Hubschrauber abwerfen zu lassen, um eine Deflation zu verhindern.

„Solange wir nicht eine anhaltende Periode stärkeren Wachstums sehen, können wir nicht annehmen, dass die Erholung Fuß gefasst hat“, sagt Bernanke. „In der Folge ist eine angepasste Geldpolitik weiterhin notwendig.“

Im Klartext heißt das: Der Notenbankchef wird zwar nicht mit dem Hubschrauber ausrücken, den Markt aber auch weiterhin mit günstigem Geld versorgen. Der Leitzinssatz dürfte noch längere Zeit bei unter 0,25 Prozent belassen werden. Das soll Unternehmen zu Investitionen und Private zum Konsum anregen.

Auch Staatsanleihen wird die Fed weiterhin aufkaufen, selbst wenn das umstrittene geldpolitische Programm („Quantitative Easing“) Ende Juni endet. Insgesamt kaufte die Zentralbank Staatsanleihen und Wertpapiere im Umfang von zwei Billionen Dollar. Dieser Bilanzposten dürfte nun nicht mehr steigen, aber auch nicht sinken. Auslaufende Anleihen wird die Fed voraussichtlich durch neue ersetzen. Kritiker warnen, dass diese Maßnahme die Inflation weltweit weiter anheize.

Ratingagentur stuft die USA ab

Neben der stockenden Wirtschaft macht den USA vor allem der hohe Schuldenstand von mittlerweile 98Prozent der Wirtschaftsleistung zu schaffen. Als erste Ratingagentur hat nun die deutsche Feri der weltweit größten Volkswirtschaft das „Triple A“ entzogen. Standard & Poor's und Moody's kündigten kürzlich ähnliche Schritte an, wenn die USA ihr Schuldenproblem nicht in den Griff bekämen. Und auch Bernanke warnt: Es müsse klar sein, dass die Finanzprobleme von langfristiger Natur sein werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.06.2011)

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