Gemischte Gefühle in Hallstatt zu Kopierplänen

Hallstatt soll kopiert werden
Hallstatt soll kopiert werden(c) APA/BARBARA GINDL (Barbara Gindl)
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Dass Chinesen die Ortschaft eins zu eins nachbauen wollen, sehen die einen als „Geschenk“ für den Fremdenverkehr. Die anderen fühlen sich, „als wäre eingebrochen worden“.

[Hallstatt/Wien/apa/RED.] Die in der „Presse“ am Dienstag enthüllten Pläne, wonach ein Unternehmen Hallstatt in China maßstabgetreu nachbauen will, haben in der Welterbe-Gemeinde im oberösterreichischen Salzkammergut gemischte Gefühle ausgelöst. Während der Tourismus eine Chance wittert, haben andere ein mulmiges Gefühl.

Wie berichtet, will die China Minmetals Corporation den Kern des Ortes in der Provinz Guangdong für ein Wohnprojekt nachbauen: Die evangelische Kirche, das Hotel „Grüner Baum“, den Marktplatz mit seinen umgebenden Häusern, die Dreifaltigkeitssäule, den Badergraben und sogar den Hallstätter See – letzteren nicht maßstabsgetreu.

Der Fremdenverkehr jubelt über die Pläne: Das Projekt sei ein „Geschenk“, meinte die Geschäftsführerin des Tourismusverbandes Dachstein-Salzkammergut, Pamela Binder. Es handle sich um eine „tolle Werbung“ am chinesischen Markt. Die asiatischen Gäste kämen häufig im Rahmen von größeren Europa-Touren in den Welterbe-Ort und seien für Hallstatt sehr wichtig.

Dass die Gäste durch die Kopie davon abgehalten werden, nach Österreich zu kommen, glaubt Binder nicht: „Wenn ich mir den Eiffelturm im Minimundus ansehe, heißt das auch nicht, dass ich ihn in echt nicht mehr besichtige.“

Die Kirche ist skeptisch

Der katholische und der evangelische Pfarrer haben hingegen Bedenken. Das Kopieren eines Gotteshauses als Attraktion sei bedenklich, meinte der katholische Pfarrer Richard Czurylo. Es müsse zumindest als Ort des Gebetes erklärt werden.

Auch Monika Wenger, Eigentümerin des „Grünen Baum“, hat ein „mulmiges Bauchgefühl“. Offenbar hätten in den vergangenen Jahren immer wieder chinesische Architekten die Häuser fotografiert und abgezeichnet. Das hinterlasse einen Eindruck „ein bisschen, wie wenn jemand eingebrochen hat“. Man hätte mit den Betroffenen reden müssen. Letztendlich sei es aber „ehrenhaft“, dass Hallstatt kopiert werde.

Bürgermeister Alexander Scheutz (SPÖ) war über den Plan informiert, allerdings nicht im Detail. Im Mai sei er vom österreichischen Wirtschaftsdelegierten in Hongkong auf die Möglichkeit einer Städtepartnerschaft angesprochen worden. Dass die so aussehe, dass die Chinesen seinen Ort nachbauen, habe ihm aber niemand gesagt.

Seine ursprüngliche Empörung ist mittlerweile einer positiveren Grundstimmung gewichen. „Ich glaube, dass es ein Tourismusmotor werden könnte“, meinte er zur Austria Presseagentur. Allerdings verstehe er das Unbehagen der betroffenen Einwohner, deren Häuser kopiert werden sollen. Darüber wolle er auch mit der Abordnung aus China sprechen.

Unesco prüft rechtliche Frage

Hans-Jörg Kaiser von ICOMOS Austria, dem nationalen Rat für Denkmalpflege, einer Unterorganisation der UNESCO, steht dem Projekt kritisch gegenüber. Er warnte davor, alles dem Tourismus zu opfern, die Naturlandschaft und die Bewohner des Ortes werde man ohnehin nicht nachbauen können. Die rechtliche Lage müsse noch überprüft werden, sagte er. Prinzipiell sei es aber legal, Gebäude zu fotografieren und dementsprechend nachzubilden. Nur für eine Vermessung brauche es das Einverständnis des Eigentümers

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15 .Juni 2011)

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