WKÖ: Ungereimtheiten bei Spekulationsgeschäften

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Die Wirtschaftskammer hat mit Veranlagungen Millionen in den Sand gesetzt. Gekaufte Wertpapiere waren mit „hohen Risken“ verbunden. Damit steht der Vorwurf im Raum, dass die zuständigen Kammerdirektoren rechtswidrig handelten.

Wien. Die Affäre um die missglückten Finanzgeschäfte der Wirtschaftskammer weitet sich aus. Der „Presse“ liegt ein Emissionsprospekt der inzwischen insolventen Immobilien-Gruppe R-Quadrat vor. Demnach soll es sich bei den von der Interessenvertretung erworbenen Wertpapieren um hochriskante Investments gehandelt haben. In den Jahren 2006 bis 2008 kaufte die Kammer in mehreren Tranchen Anleihen der R-Quadrat/Metis-Gruppe.
Betroffen davon sind die Pensionsfonds und Pensionskasse der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) mit acht Mio. Euro und Veranlagungen der Wirtschaftskammer Wien mit zehn Mio. Euro. In der Haushaltsordnung regelt jedoch die Kammer, dass bei Veranlagungen nur ein geringes Risiko erlaubt ist. So dürfen nur Anleihen von Emittenten gekauft werden, die über eine „hohe Bonität“ verfügen.
Noch in der Vorwoche hatte WKÖ-Präsident Christoph Leitl erklärt, dass es sich bei R-Quadrat um keine spekulative Anlage gehandelt habe. Die Wertpapiere waren „keine Derivate oder Futures, sondern eine Veranlagung in ein damals erfolgreiches österreichisches Unternehmen“. Ähnlich äußerte sich Wiens Kammerpräsidentin Brigitte Jank. Die Investments seien als „nicht riskant“ eingestuft worden. Zum Zeitpunkt des Ankaufs sei nicht erkennbar gewesen, dass hier ein erhöhtes Risiko vorgelegen sei.
Doch aus dem Emissionsprospekt der R-Quadrat Capital Beta geht das Gegenteil hervor. Gleich auf Seite 14 wird darauf hingewiesen, dass die Geschäfte mit „überdurchschnittlich hohen Risken“ verbunden seien.

Risiko eines Totalverlustes

Das Geschäftsmodell umfasse „neben einem hohen Fremdkapitaleinsatz“ auch den „Erwerb notleidender problembehafteter Immobilien oder Immobilienkredite und ähnliche Strategien, welche überdurchschnittlich hohe Chancen mit sich bringen, aber auch mit überdurchschnittlich hohen Risken verbunden sind“.
Diesem Investitionsansatz, der ein bewusstes „gegen den allgemeinen Trend Agieren“ beinhalte, sei ein „erhöhtes Risiko inhärent, das insbesondere das Risiko eines Totalverlustes bei einzelnen Immobilieninvestments“ umfasse. Bemerkenswert sind auch die Angaben zur Portfoliostreuung. Hier steht ausdrücklich, dass „keine ausgewogene Risikostreuung der Immobilieninvestments“ vorgenommen werde. Daher könne die „ungünstige Entwicklung bereits eines Immobilieninvestments beziehungsweise Projekts“ eine nachteilige Auswirkung auf die gesamte Gesellschaft haben.
Für den Bundessprecher der Grünen Wirtschaft, Volker Plass, stellt diese Veranlagung einen „klaren Verstoß gegen die Haushaltsordnung“ der Wirtschaftskammer dar und „damit ein rechtswidriges Handeln“. Ein Sprecher der Wiener Wirtschaftskammer sagte dazu: „Wir werden laufend vom Kontrollamt überprüft. Bislang gab es dazu keine Beanstandungen.“ Die Kammer werde aber das Kontrollamt noch einmal ersuchen, sich die Angelegenheit anzusehen. Laut dem Sprecher habe Präsidentin Jank damals nichts über die Investitionsentscheidungen für Papiere der R-Quadrat/Metis-Gruppe gewusst. Jank habe nicht an den Entscheidungen mitgewirkt, auch sei sie über die Käufe damals nicht informiert worden.
Für die Anlagegeschäfte gelte in der Wiener Kammer das Vier-Augen-Prinzip. Unterschrieben wurde der Auftrag vom damaligen Kammerdirektor Günter Schön (heute in Pension) und von Heinz Wollinger, damals Leiter der Finanzabteilung und derzeit Kammerdirektor. Die Finanzanlagen der Wiener Kammer machen aktuell rund 151 Mio. Euro aus.

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