Mach es zu deinem Projekt Der Raum, die Community und ihre Möglichkeiten

„Soho in Ottakring“ hatte zwei Architekten ins Architekturzentrum Wien geladen. Sie zeigten in einem Vortrag, wie man kreative Gemeinschaft wachsen lässt wie einen Garten. Und das mit sozial nachhaltigem Effekt.

„Soho in Ottakring“, das Wiener Kunstfestival, das temporäre und auch öffentliche Räume bespielt, hat sich zur Biennale gemacht. Das Jahr dazwischen, nämlich dieses, nutzt man, um Anregungen, Reflexionen, Ideen einzuholen. Natürlich auch von außen, natürlich auch von Menschen, die Erfahrungen gesammelt haben, wie man urbane Räume temporär und trotzdem nachhaltig nutzt. In den „Werkzeuggesprächen“ stellten letzte Woche im Architekturzentrum Wien zwei Architekten rumänischer Herkunft aus Paris ihr persönlich erprobtes Stadtentwicklungswerkzeug vor. Noch dazu für eine der schwierigsten Konstruktionen, das „Communitybuilding“.

Ja, das Urban Gardening floriert in vielen Städten. Teils als Guerilla-Aktionen, teils als verordnete „Wir-springen-auf-den-Zug-auf“-Initiative der Stadtverwaltung. Im Stadtteil „La Chapelle“ in Paris waren die Architekten Constantin Petcou und Doina Petrescu die Initiatoren. Seit 2001 wuchs und gedieh dort das Projekt „Ecobox“. „Bottom-up“, also von unten nach oben, das ist der Weg für Pflanzen wie auch für ein Stadtentwicklungsprojekt wie dieses, einen Gemeinschaftsgarten, der verbindet. „La Chapelle“ war eine öde Insel, eingepfercht zwischen den Bahntrassen. Der Bauplan ergab sich wie von selbst: Zuerst muss man so etwas konstruieren wie Gemeinschaftsgefühl, dann die Eigenverantwortung schüren, bis das Grätzel schließlich wieder blüht. Zunächst begannen Petcou und Petrescu zu kartografieren: Wo liegen die Brachen? Und fast noch wichtiger: Wo sitzen potenzielle Akteure, die das Projekt an sich reißen und sich die Räume aneignen könnten? Mit „Urban Trash“, wie Petcou erzählt, also alten Paletten, und was die Stadt sonst noch an Brauchbaren übrig lässt, wurde ein mobiler Garten angelegt. Drei Jahre lang wurden die Flächen dafür gepachtet. Aus der gegenüberliegenden Schule kamen die ersten „Akteure“, die kleinen Stadtmitentwickler. Viele kamen danach zum Gärtnern, und einige auch, um einfach nur ihre Freizeit zu verbringen. Allmählich formierte sich eine Gruppe, die selbst organisiert Aufgaben und Verantwortung verteilte. Der Ort war plötzlich gar nicht mehr so relevant wie die Gemeinschaft selbst. Das wurde spürbar, als man zweimal mit dem Projekt umziehen musste. Die Architekten selbst zogen sich allmählich zurück. Denn längst, so zeigten Petrescou und Petcou mit Diagrammen im Architekturzentrum, hatte das Projekt „Communitybuilding“ Kreise bis in weit entfernte Arrondissements und Länder gezogen, aus denen Menschen aus ganz unterschiedlichen Motiven in der „Ecobox“ zusammenkamen. Das Projekt war räumlich nicht verankert, dafür in vielerlei sozialen Beziehungen und Verflechtungen. „Man kann sagen, es ist zu einem sozial nachhaltigen Projekt geworden“, meinte Petcou.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.07.2011)

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