Verspätung im Kopf: Der Servicegedanke ist bei den Wiener Linien noch nicht angekommen.
Dass österreichische Verkehrsbetriebe im Umgang mit ihren Passagieren bisweilen einen rauen Ton anschlagen, haben zuletzt die ÖBB vorexerziert. Überfüllte Züge? Da ruft man schnell mal die Polizei, damit sie überzählige (aber zahlende) Gäste ohne Platzreservierung flugs entfernt. Die Wiener Linien hingegen kamen beim ersten Tag der U6-Sperre zwar ohne Exekutive (und ohne allzu großes Chaos) aus, durch übertriebene Freundlichkeit hat man sich aber auch nicht ausgezeichnet: So ist auf der Höhe Alser Straße die Schienenersatz-Bim „E“ nur über den Umweg der Linie 43 zu erreichen, was, wie sogar ein Mitarbeiter zugibt, keine schlaue Lösung ist. Aber zumindest für Gehbehinderte und Eltern mit Kinderwägen wurde ein Bus als direkter Schienenersatzverkehr eingerichtet, den aber – leider, leider – werdende Mütter nicht benützen dürfen. Weshalb man – leider, leider – einer Hochschwangeren die Bustüre vor der Nase zuknallen musste (und das auf der Strecke zum AKH). Wahrscheinlich ist das irgendwo in den Beförderungsregeln festgeschrieben, und gleich in der Nähe die Fußnote, dass die Wiener Linien ein Beamten- und kein Servicebetrieb sind. Ach ja, bevor wieder jemand etwas von Überfüllung schreit: Der Bus war fast leer.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.07.2011)