U6 ab heute gesperrt: Chaos im Wiener Öffi-Verkehr befürchtet

U6 Sperre
U6 Sperre(c) (Mirjam Reither)
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Der Straßenbahnersatzverkehr hat deutlich geringere Kapazität als U-Bahn. Josefstädter Bezirkschefin und Fahrgastvertreter bemängeln spätes Handeln der Wiener Linien. JVP fordert Nachtstraßenbahn für alle Linien.

Wien. Ab Montag ist die U-Bahn-Linie U6 zwischen Westbahnhof und Alser Straße gesperrt. Die Wiener Linien rechnen mit großen Problemen und fordern Fahrgäste dazu auf, wenn möglich großräumig auszuweichen. Die U6 befördert 12.000 Menschen pro Stunde. Die alternative Straßenbahn (siehe Grafik) hat eine Kapazität von 9000.

„Uns ist nicht begreiflich, warum die Wiener Linien so überrascht tun“, sagt eine Sprecherin der Bezirksvorstehung Josefstadt. Das Problem habe sich seit Monaten angekündigt. Mit „einem weinenden und einem lachenden Auge“ betrachtet Veronika Mikl, die Vorsteherin des 8. Bezirks, das Dilemma. Sie fordere nämlich schon seit längerer Zeit eine Renovierung der Außenfassade der besagten Station, aber bisher sei dieser Wunsch geflissentlich ignoriert worden. Man sei jedenfalls froh, dass endlich eingegriffen werde.

Härtere Kritik kommt von Michael Palfinger vom Verein „Fahrgast“. Er meint, dass die Wiener Linien zu spät reagiert haben. „Man hätte früher lebenserhaltende Maßnahmen ergreifen müssen. Die U-Bahn-Stationen sind zum Teil in einem erbärmlichen Zustand“, kritisiert er. „Schauen Sie sich einmal die Station Schottenring an, da quellen irgendwelche Flüssigkeiten aus den Betonwänden.“

Zahn der Zeit nagt an U6

Das Problem bei den U6-Stationen sei, dass sie zum Großteil aus Sandstein bestehen, der eine Lebensdauer von 120 bis 130 Jahren habe. „Es fehlt das Konzept, um den Wasserfluss von oben zu stoppen“, erklärt Palfinger. Pflege und Erhalt der Stationen seien zu lange vernachlässigt worden.

Sein Vorschlag zur Entlastung der U-Bahn lautet, die 1989 eingestellte Straßenbahnlinie 8 wieder aufleben zu lassen. Sie würde parallel zur U6 verlaufen und eine Ausweichmöglichkeit bieten. Außerdem sollten die Intervalle zwischen den einzelnen U-Bahnen verkürzt werden, um so den Personenstau, der vor allem zu den Stoßzeiten herrscht, zu vermeiden.

VP-Verkehrssprecher Wolfgang Gerstl zweifelt am Lösungsversuch der Wiener Linien. „Auch der beste Ersatzverkehr kann eine U-Bahn nicht ersetzen.“ Er befürchtet, dass auch viele andere öffentliche Verkehrsmittel wegen der eigens geänderten Ampelschaltung beeinträchtigt sein werden.

Der Grund für den Ausfall ist eine Sanierung der Station Josefstädter Straße, die jetzt doch komplizierter ist, als erwartet. Die Wiener Linien haben kurzfristig die Straßenbahnlinie „E“ ins Leben gerufen – ein Ersatzverkehr, der die Fahrzeit allerdings um 15 Minuten verlängert. Die Linie wird von der U6-Station Nussdorfer Straße über die Strecke der Linie 37 weiter über die Trasse der Linie 5 bis zum Westbahnhof unterwegs sein. Sie übernimmt auch teilweise die Nachtschicht der U6 am Wochenende und wird somit zur ersten Nachtstraßenbahn Wiens.

JVP fordert Nachtstraßenbahn

Apropos: Eine Idee, die die Junge ÖVP Wien (JVP) nun breiter diskutieren will. Deren Obmann, Dominik Stracke, fordert den Ausbau der Nachtstraßenbahn auf das gesamte Netz. Zusätzlich zur bereits bestehenden Nacht-U-Bahn. Das sei nötig, weil viele Gebiete in Randlagen bis heute schlecht erschlossen seien.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.07.2011)

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