Starb Jesus an einer unheiligen Dreifaltigkeit?

(c) AP (Matthias Rietschel)
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Ein US-Arzt suchte nach der Ursache für den Tod Jesu am Kreuz - und diagnostiziert eine "letale Triade".

„Einer der Soldaten stieß mit der Lanze in seine Seite, und sogleich floss Blut und Wasser heraus“ (Johannes 19, 34). So endete die bekannteste und umstrittenste Hinrichtung der Weltgeschichte: Sechs Stunden war Jesus am Kreuz gehangen, zuvor hatten sie ihn geprügelt und gefoltert. Aber war er überhaupt tot? Manche bezweifeln es, aber die Gläubigen halten es für wahr, und viele Ärzte haben schon Ferndiagnosen gestellt: „Als Kind hörte ich in der Kirche, dass Jesus an ,gebrochenem Herzen‘ gestorben war“, berichtet Joseph Bergeron, Arzt an einer Schmerzklinik in den USA, und diese Erklärung hatte den Vorteil, dass sie den harten Herzschlag mit der weichen Metapher verband. Aber beim Infarkt – vielleicht verursacht durch die Folter oder den Sturz auf dem Weg nach Golgatha – kommt der Tod rasch.

Infarkt, Thrombose, Lanze?

Bei Jesus kam er nach sechs Stunden, zu lange für einen Infarkt, allerdings kurz für Kreuzigungen, andere hingen und litten über Tage. Dann war es vielleicht genetisch bedingte Thrombophilie, eine Erbkrankheit, die in Israel verbreitet ist und über Blutgerinnsel zum Tod führt? Nein, winkt Bergeron ab, dazu muss der Körper immobilisiert sein, nicht nur an Händen und Füßen festgenagelt. So geht der Arzt viele Hypothesen durch und verwirft die meisten. Immerhin hält er es für möglich, dass erst der Stoß mit der Lanze den Tod brachte, deshalb könnte das Blut so geströmt sein, bei Toten verklumpt es. Dagegen wieder spricht, dass die Henker wohl ihr Handwerk verstanden (Journal of Forensic and Legal Medicine, 14.7.).

Deshalb schlägt Bergeron selbst eine „letale Triade“ vor, die „traumainduzierte Koagulopathie“. Die kostet in Unfallabteilungen 25 Prozent der Schwerverletzten das Leben, in ihr spielt dreierlei zusammen: Das Blut verliert die Fähigkeit zu verklumpen, zugleich wird es übersäuert, und der Körper wird zu kalt. Unterkühlung? Bergeron hat recherchiert: In der ersten Aprilwoche liegen die Temperaturen in Jerusalem zwischen acht und 14 Grad. jl

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.07.2011)

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