Linz: Eine Stadt verzockt ihr Vermögen

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Das Fiasko um eine Zinswette auf den Schweizer Franken weitet sich aus und wird zum Problem für die SPÖ. Aber auch ohne Spekulationsverluste drohen der einst reichen Industriestadt Linz jetzt magere Zeiten.

Linz. Linz geht das Geld aus: Steigende Schulden und noch nicht abschätzbare Verluste aus einer Zinswette auf den Schweizer Franken beschäftigen derzeit Kommunalpolitik und Finanzexperten.

Dabei könnte Linz eine finanziell gesunde Stadt sein. Keine andere Landeshauptstadt hat höhere Steuereinnahmen pro Kopf: Es gibt mehr Arbeitsplätze als Einwohner und damit auch – relativ gesehen – die höchsten Kommunalsteuereinnahmen Österreichs. Gleichzeitig ist Linz auch bei der Verschuldung Spitzenreiter. Auf eine Milliarde Euro ist das Minus durch kreditfinanzierte Investitionen und sinkende Bundesertragsanteile zuletzt angewachsen. Im vergangenen Jahr fehlten 35,8 Millionen Euro in der laufenden Gebarung.

Klage wurde nicht eingereicht

Nun weitet sich auch noch das Fiasko um die Folgen einer Zinswette aus: Es geht um den hoch spekulativen Swap-Deal, den die Stadt mit der Bawag 2007 unter Federführung von Bürgermeister Franz Dobusch, Finanzstadtrat Johann Mayr (beide SPÖ) und dem inzwischen zurückgetretenen Finanzdirektor Werner Penn abschloss. Eine schon im April im Gemeinderat beschlossene Klage wegen mangelnder Risikoaufklärung, Wucher und arglistiger Täuschung gegen die Bank – mit dem Ziel einer Rückabwicklung des Geschäfts – wurde bis dato nicht eingereicht. Einiges deutet darauf hin, dass das Prozessrisiko möglicherweise falsch eingeschätzt wurde. Nun publik gewordene Passagen im Vertragswerk mit der Bawag, das der „Presse“ vorliegt, könnten den roten Stadtpolitikern zum Verhängnis werden. Unterzeichnet wurde unter anderem ein „Anfechtungsverzicht“, der sich ausdrücklich auch auf die auf Einwände „Spiel oder Wette“ bezieht. Ebenfalls wurde einem Passus zugestimmt, in dem „ausreichende Kenntnis“ des Geschäfts und das Wissen um dessen „konkrete Risiken“ bestätigt werden.

Im schlimmsten Fall wird Linz bis 2017 rund eine halbe Milliarde Euro für ein Geschäft zahlen müssen, das eigentlich nur eine bestehende Anleihe in Schweizer Franken absichern sollte. Wenn es so weit kommt, wird ein Ausverkauf von Linzer Tafelsilber nicht ausbleiben – es geht immerhin um mehr als zwei Drittel eines Jahresbudgets. Neben finanziellen Einbußen kann die Causa langfristig auch dazu führen, dass sich die Wahlniederlage für die SPÖ von 2009 auch 2015 wiederholt – nicht nur in der traditionellen roten Hochburg Linz. Auch die Landespolitik bekommt ein wachsendes Glaubwürdigkeitsproblem.

Ausgerechnet mit einer Anti-Spekulationskampagne versuchte die SPÖ Oberösterreich, sich nach 2009 wieder aufzurichten. Die Strategie war einfach. Sie war etwas, was wieder zum Kern der Sozialdemokratie führen sollte, worauf sich im Umfeld der Krise viele einigen konnten. Und dann kam die Sache mit dem Swap. Die Landes-SPÖ prangerte das „zockende Kapital“ und die Unmoral der Spekulanten an. Ihr Vorsitzender Josef Ackerl machte Druck auf die Regierung und den Kanzler, eine europaweite Finanztransaktionssteuer – wenn nötig mit einem Veto gegen den Euro-Rettungsschirm – durchzudrücken. Gleichzeitig mit den Bemühungen um ein gestärktes Profil stieg die Wettschuld der roten Landeshauptstadt in immer ungesündere Höhen. Als die Bombe platzte, war das desaströse Ausmaß des Deals vorerst nicht bis ins letzte Detail bekannt. Die nächste Tranche ist Mitte Oktober fällig und wird je nach Franken-Kurs wohl rund 20 Millionen kosten. Derzeit beraten Finanzexperten über die weitere Vorgehensweise. Auch die Möglichkeit nicht zu zahlen und sich klagen zu lassen, wird geprüft.

Trotz der weitreichenden Folgen ist Landesparteichef Josef Ackerl „gegen Menschenopfer“, wie er im Gespräch mit der „Presse“ erklärt: „Ich habe keinen Grund, dem Bürgermeister und dem Finanzstadtrat nicht zu glauben, dass sie in dieser Sache übergangen wurden und glaube nach wie vor, dass das Geschäft rechtsunwirksam ist.“ Die Bank, so der Standpunkt der Partei, hätte ein solches Geschäft nie mit einer Kommune abschließen dürfen und das auch wissen müssen.

Auf einen Blick

Linz droht eine halbe Milliarde Euro Verlust aus einem Spekulations-geschäft. Unmittelbare Folge der Causa: In Oberösterreich soll der Landtag noch in diesem Jahr restriktive Regeln für kommunale Finanzierungen beschließen. SPÖ-Landesparteichef Josef Ackerl will nur Eurokredite zulassen: „Ich bin gegen Fremdwährungsgeschäfte mit Steuergeld. Wir müssen aber nicht nur Asche auf unser Haupt streuen. Es ist ein Länder- und parteiübergreifendes Problem.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.08.2011)

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