Stadt Linz gegen Bawag: „Ein Ausnahme-Prozess“

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Für die nächste, am 17. Oktober fällige Zahlung für eine Zinswette müsste die Stadt einen Kredit aufnehmen. Stadt und Bank rüsten nun ihre anwaltlichen Vertretungen auf. Streitwert bis zu 400 Millionen Euro.

Linz. Linz verfeinert die Verteidigungslinie gegen die Bawag: die ehemalige Gewerkschaftsbank hat der SPÖ-regierten Stadt eine verlustreiche Zinswette auf den Schweizer Franken („Swap 4175“) verkauft, an der die finanzielle Belastbarkeit der an sich reichen Industriestadt zerbrechen könnte.

Dass der ehemalige Finanzdirektor Werner Penn mit dem Swap seine Befugnis möglicherweise überschritten hat, die Bank dies durchschaut, aber nicht reagiert hat, ist ein Punkt, an dem die Verteidiger ansetzen werden. Ein weiterer ist die mögliche Rolle der Bawag als Beraterin und nicht nur Vermittlerin im Verkauf des desaströsen Finanzderivats. Die Bawag hingegen argumentiert, dass die Kommune in Person ihres Finanzdirektors das Risiko gesucht habe und verweist auf mehrere Angebote zum Ausstieg, die die Stadt nicht wahrgenommen habe.

„Es wird jedenfalls ein Prozess, wie er nur in Ausnahmefällen geführt wird“, sagt Zivilrechtsexperte Meinhard Lukas, der als Gutachter von der Stadt bestellt wurde, über die Causa.

Ein Ausnahmefall für das Wiener Handelsgericht, wo der Rechtsstreit landen wird, ist die Sache aus zwei Gründen: erstens wäre da der sehr hohe substanzielle Streitwert, der, je nachdem wie sich der Franken entwickelt, zwischen 300 und 400 Millionen Euro schwer sein dürfte. Zweitens gibt es hier den Sonderfall, dass es, innerhalb eines Zivilprozesses unüblich, Einsicht in vertrauliche und interne Unterlagen der Stadt wie der Bank geben wird.

Interne Mails offen gelegt

Unter anderem werden von der Bawag aufgezeichnete Telefonate, interne Mitteilungen an den Vorstand oder die Aufzeichnungen aus Gemeinderatsausschüssen offen gelegt. Hintergrund dieser Einsicht in Dokumente, die „sonst niemals das Licht der Öffentlichkeit erblicken würden“, wie Lukas sagt, sind anonyme Anzeigen wegen des Vorwurfs der Untreue gegen den vormaligen Finanzdirektor Penn und den weiterhin amtierenden SPÖ-Finanzreferenten Johann Mayr. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Linz sollen bis Oktober abgeschlossen sein. Die Stadt hat hier „Opferstatus“ und damit Einsicht in die Aktenlage.

Nachdem nun auch die Sachverhaltsdarstellung der Bawag an die Strafverfolgungsbehörde vorliegt, rüsten beide Parteien ihre anwaltlichen Vertretungen auf. Linz hat neben Hans René Laurer von Laurer & Arlamovsky nun auch die Kanzlei Wildmoser/Koch & Partner sowie Lukas Aigner von Kraft & Winternitz, die auch in der Auseinandersetzung niederösterreichischer Gemeinden mit der Raiffeisenlandesbank engagiert sind, zugezogen.

Die Dimension des zu erwartenden Prozesses drängt die Stadt zu einer Aufstockung des Kostenrahmens: statt 700.000 sollen zwei Millionen Euro für Gutachter, Prozessbegleitung und Gerichtskosten veranschlagt werden. Die Industriestadt, die wie berichtet immer weiter in finanzielle Bedrängnis gerät, wird spätestens mit der nächsten, am 17. Oktober fälligen, Zahlung für den Swap überfordert sein: den mittleren, zweistelligen Millionenbetrag hat die Stadt nicht auf der hohen Kante (bisher wurden 24 Millionen Euro überwiesen). Das heißt: Sollte die Zahlung geleistet werden, müsste – mit Zustimmung einer Zweidrittelmehrheit im Gemeinderat – ein Kredit aufgenommen werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.09.2011)

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