Kordiconomy: Fehlspekulation - In Linz zerrinnt's

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Immer Ärger mit Franken-Krediten: Eine Zinswette der Stadt Linz mit der Bawag gerät zum finanziellen Fiasko. Im April wurde großspurig eine Klage gegen die Bank angekündigt. Doch die Klage lässt auf sich warten.

Immer Ärger mit den Franken-Krediten: Zahllose private Kreditnehmer können darüber ein gar traurig Lied singen. Doch sie sind längst nicht allein: Etliche österreichische Gemeinden intonieren auch schon den „Franken-Blues“.
Neuerdings tun das sogar Banken – sofern sie in Ungarn tätig sind. Die Regierung von Viktor Orbán will ja das Problem der Kreditnehmer per Gesetz zu einem Problem der Banken machen. Und dann gibt es noch einen ganz speziellen Franken-Geschädigten: die Stadt Linz.
Das ist eine Geschichte, die zu erzählen wert ist. Nicht nur, weil sich die drittgrößte Stadt der Republik in ein veritables finanzielles Schlamassel hineinmanövriert hat. Sondern auch, weil die Sache zu einer höchst delikaten Causa geworden ist –  etliche klingende Namen inklusive.
Was ist geschehen? Die (mittlerweile unschöne) Angelegenheit geht auf das Jahr 2007 zurück. Damals zeichnete die Stadt eine Anleihe im Wert von 195 Millionen Schweizer Franken mit Laufzeitende 2017. Weil aber mit öffentlichen Geldern besonders sorgsam umzugehen ist, sollten „zins- und kurssichernde Maßnahmen“ gesetzt werden. So weit, so vorbildlich.
Mit der Bawag wurde also eine Art Kurs-Zins-Wette vertraglich vereinbart. Ein Geschäft unter Freunden sozusagen: Hier die (damals) „rote“ Bawag, mit Ewald Nowotny an der Spitze. Da der Linzer SPÖ-Bürgermeister Franz Dobusch sowie dessen SPÖ-Finanzstadtrat Johann Mayr.
„Spekulation“ ist für die SPÖ Oberösterreich zwar so etwas wie das Grundübel der Menschheit – aber immer muss man das ja nicht so eng sehen, und außerdem herrschte unter den Genossen offenbar ausgeprägt vertrauensselige Stimmung. Also wurde das „Absicherungsgeschäft“ besiegelt – mit einem fatalen Detail: Die Stadt Linz profitiert nur, wenn der Wechselkurs bei mindestens 1,54 liegt. Ist der Franken stärker, muss die Stadt an die Bawag zahlen. Und das ordentlich.
Was ab 2010 auch prompt eingetreten ist. Bis 2009 brachte der Swap der Stadt Linz noch Einnahmen. Doch ein Jahr darauf kam es zu einer dramatischen Wendung. Nach jetzigem Stand könnte die Gesamtbelastung für die Stadt bis 2017 auf mehr als 300 Millionen Euro ansteigen. So viel zum Thema „Absicherung“.

Dabei handelt es sich keinesfalls um „virtuelle Verluste“: Die Zahlungen an die Bawag sind in halbjährlichen Abständen fällig. Im April kam die Stadt Linz noch mit vergleichsweise günstigen 14 Millionen Euro davon. Am 15. Oktober ist laut Vertrag die nächste Rate fällig. Nach Berechnungen der Grünen in Linz wird sich die (nach jetzigem Stand) auf 22,7 Millionen Euro belaufen. Was natürlich ordentlich viel ist. So viel, dass die Stadt einen Kredit aufnehmen muss. Doch dazu ist eine Zweidrittelmehrheit im Gemeinderat notwendig.
Das ist freilich höchst unangenehm, und daher wurde in Linz auch gleich die Reißleine gezogen: Schon am 7. April fasste der Gemeinderat den Beschluss, die Bawag auf Schadenersatz zu klagen. Und die verantwortlichen SPÖ-Granden empörten sich wortgewaltig über „Wucher“ und „arglistige Täuschung“ seitens der ehemaligen Gewerkschaftsbank.
Die vereinbarten Bedingungen seien „unausgewogen“ (weil das Risiko für die Stadt Linz viel größer sei als jenes der Bawag), und außerdem habe die Bank keinerlei Risikoaufklärung betrieben.
Bis heute ist noch keine Klage eingebracht worden.
Warum? „Weil die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft abgewartet werden“, sagt Finanzstadtrat Mayr. Richtig: Sie ermittelt mittlerweile gegen Mayr und den früheren Finanzdirektor Werner Penn, der wegen der Sache bereits zurückgetreten ist.

Es scheint allerdings auch so zu sein, dass die Stadt Linz herzlich wenig gegen die Bawag in der Hand hat. Die grüne Gemeinderätin Ursula Roschger, die auch den Kontrollausschuss zu der Angelegenheit leitet, bestätigt das: „Der Vertrag mit der Bawag liegt dem Ausschuss vor. Es wäre aber vor allem interessant zu wissen, auf wessen Initiative er zustande gekommen ist und ob seitens der Bawag ausreichend über das Risiko aufgeklärt wurde.“ Doch dazu scheint es in Linz keine brauchbaren Unterlagen zu geben.
Womit sich die Bawag, die der Stadt Linz ohnedies immer wieder Ausstiegsmöglichkeiten aus dem Vertrag angeboten hat, auf den recht gemütlichen Standpunkt zurückziehen kann: „Das Fremdwährungsgeschäft wurde sowohl bankintern als auch von zwei österreichischen Rechtsanwaltskanzleien geprüft, die der Bawag/PSK eine starke Rechtsposition gegenüber den von der Stadt Linz erhobenen Vorwürfen bestätigt haben. Vor diesem Hintergrund sieht die Bawag einer Klage der Stadt Linz gelassen entgegen.“
Schon ärgerlich für die Linzer: Der frühere Bawag-Chef Nowotny ist längst Notenbank-Gouverneur – und damit in der Causa unansprechbar. Philip Reading, einst Treasury-Chef der Bank, ist ebenfalls in der Notenbank gelandet. Angeblich versuchten die Linzer, ihn zu kontaktieren. Wenn's so war, dann hat es jedenfalls nichts gebracht.

Zu guter Letzt wandte sich das Linzer Kontrollamt, das von Bürgermeister Dobusch eingeschaltet wurde, an die Wiener Finanzmarktaufsicht. Das Begehr: Ob es nicht möglich sei, Unterlagen über den speziellen Geschäftsfall übermittelt zu bekommen? Die Linzer Politiker waren bester Hoffnung: Immerhin ist Helmut Ettl FMA-Vorstand – ein Linzer, der der SPÖ zuzurechnen ist. Gerüchten zufolge soll Ettl auch durchaus ein offenes Ohr für das Anliegen gehabt haben. Doch die FMA winkte letztlich ab: Daten über individuelle Geschäfte könnten nicht zur Verfügung gestellt werden, wurde dem Kontrollamt beschieden.
Jetzt klammert sich die Stadt Linz an einen letzten Strohhalm: Vergangene Woche wurde ein (von der Landesregierung in Auftrag gegebenes) Gutachten des Verfassungsdienstes veröffentlicht. Und das kommt zum Schluss, dass der Bawag-Vertrag von der Gemeindeaufsicht hätte genehmigt werden müssen. „Ein Meilenstein“, jubeln die Linzer.
Man wird sehen. Am Donnerstag bewilligte der Gemeinderat jedenfalls 500.000 Euro für Gutachten, Anwälte und Gerichtsgebühren. Die wären dann zu jenen 700.000 Euro, die zum gleichen Zweck bereits im April genehmigt worden waren, hinzuzurechnen.

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