Papst in Madrid: Neue Proteste und Zusammenstöße

Papst Madrid Proteste
Papst Madrid Proteste(c) EPA (Javier Luengo)
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Mit Schlagstöcken hat die Polizei eine Demo aufgelöst, vier Personen wurden verletzt. Der Papst geht mit Worten auf die Jugendlichen zu und warnt vor den "Launen des Augenblicks".

Auch nach der Ankunft des Papstes gehen in Madrid die Proteste gegen Benedikt XVI. und den Weltjugendtag weiter. Die Polizei verhinderte eine Demonstration von Homosexuellen gegen die Lehren der katholischen Kirche und ging erneut mit Schlagstöcken gegen eine andere Demo vor. Vier Demonstranten wurden dabei verletzt. Am Freitag ist der Papst von der Königsfamilie im Zarzuela-Palast empfangen worden.

Vom Zarzuela-Palast begab sich Benedikt XVI. in das Kloster El Escorial, wo er Ordensfrauen und Universitätsdozenten zu einer Antwort auf die "Gottesfinsternis" der heutigen Welt aufruft: "Angesichts des Relativismus und der Mittelmäßigkeit erhebt sich die Notwendigkeit dieser Radikalität."

Am frühen Abend ist eine Begegnung mit dem spanischen Ministerpräsidenten Jose Luis Rodriguez Zapatero in der Vatikanbotschaft geplant. Höhepunkt seines zweiten Tages auf dem Glaubenstreffen sollte dann ein feierlicher Kreuzweg mit Jugendlichen am Abend auf dem zentralen Cibeles-Platz sein. Die Veranstalter des Treffens beklagten, dass es im Internet Angriffe auf ihre Homepage gegeben habe.

Warnung vor "Launen des Augenblicks"

Bei seinem ersten Auftritt vor hunderttausenden Gläubigen im Zentrum der spanischen Hauptstadt warnte Benedikt XVI. am Donnerstagabend vor "modischen Ansichten" und "Launen des Augenblicks". Die Gläubigen bereiteten dem im Zentrum der Hauptstadt einen begeisterten Empfang. Der Bürgermeister von Madrid, Alberto Ruíz-Galardón, übergab dem Oberhaupt der katholischen Kirche die Schlüssel der Stadt. Jugendliche machten Benedikt XVI. mehrere Geschenke, darunter einen kleinen Olivenzweig als Friedenssymbol.

Auf der zentralen Plaza de Cibeles riet der Papst seinen Zuhörern von einer riesigen Bühne herab, ihr Leben auf "festem Stein" und nicht auf Sand zu begründen, der "vom ersten Windstoß" hinweggefegt werden könne. "Überall warten Versuchungen, und es ist wichtig, ihnen nicht zu erliegen", predigte Benedikt XVI.

Kritik an Profitgier

Bereits zu Mittag sagte er bei seiner Ankunft am Flughafen Barajas mit Blick auch auf die Jugendproteste in Spanien, der Mensch und nicht der Profit müsse Mittelpunkt der Wirtschaft sein. Die Arbeitslosigkeit liegt in Spanien bei mehr als 20 Prozent. Besonders betroffen sind junge Menschen, die sich aus Wut zuletzt zur Protestbewegung der "Indignados" (Empörten) zusammengetan hatten. "Man muss Arbeit schaffen und den Planeten schützen", verlangte der Papst.

Am Flughafen wurde der Papst von König Juan Carlos und Königin Sofia empfangen. Von dort machte er sich im Papamobil auf den Weg ins Stadtzentrum. Der 84-Jährige will sich vier Tage lang in Madrid aufhalten. Höhepunkt seines Besuchs sind ein Kreuzweg am Freitag, eine Abendandacht auf der Luftwaffenbasis Cuatro Vientos vor der Stadt am Samstag und eine Messe am Sonntagvormittag.

Polizei mit Schlagstöcken gegen Demo

Der Papstbesuch wurde von Beginn an von gewaltsamen Ausschreitungen überschattet. Bei Auseinandersetzungen zwischen Papstgegnern und der Polizei wurden am Mittwochabend elf Menschen verletzt. Nach Polizeiangaben hatten sich rund 4000 Demonstranten versammelt und waren durch die Stadt gezogen. Die Kritiker bemängeln unter anderem die hohen Kosten des Papstbesuchs.

Am Donnerstagabend sollte der Papst mit einer Kussaktion von etwa hundert Lesben und Schwulen konfrontiert werden, aber die Polizei verhinderte die Kundgebung gegen den "Fundamentalismus" und die Sexualmoral der katholischen Kirche. Zudem gingen mehr als 100 Beamte mit Schlagstöcken gegen etwa 200 Demonstranten auf der Puerta del Sol vor. "Sie haben mich fünf oder sechsmal geschlagen", sagte ein 30-jähriger Demonstrant. "Wir sind unbewaffnet gekommen, wir haben nichts getan." Vier Personen wurden dabei verletzt, berichtet die staatliche spanische Nachrichtenagentur EFE. Unter den Verletzten war auch eine Italienerin, die nicht an den Protesten beteiligt war.

Mutmaßlicher Anschlagsplaner freigelassen

Ein Chemiestudent, der einen Giftgas-Anschlag auf eine Kundgebung von Papstgegnern in Madrid geplant haben soll, wurde am Donnerstag vom Haftrichter gegen Auflagen freigelassen. Der 24-Jährige habe nicht ernsthaft die Absicht gehabt, seine in Internetforen verbreiteten Drohungen in die Tat umzusetzen, entschied der Richter. Der Student muss aber seinen Pass abgeben und sich täglich zweimal bei der Polizei melden.

Der Mexikaner hatte im Internet Hasstiraden gegen Kirchengegner und Homosexuelle verbreitet. Die Drohungen mit einem Anschlag aber hatte selbst die Staatsanwaltschaft als "schlechten Scherz" bezeichnet. Einen Anschlag mit Giftgas habe der 24-Jährige nicht verüben können, weil er nicht über die notwendigen Chemikalien verfügt habe.

(Ag.)

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